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Kultur: Die süßen Russen

Im neuen Domizil setzt Galerist Kai Hilgemann auf Kontraste

Der Galerienkomplex in der Zimmerstraße hat mit der kürzlich eröffneten Galerie Kai Hilgemann einen raumstarken Neuzugang. Hilgemann – zuvor mit seiner 1996 eröffneten Galerie Parzival in der Linienstraße ansässig – hat für sein umbenanntes Kunsthaus jetzt 220 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung.

Zu den Schwergewichten der präsentierten Künstler gehört der Vater des Galeristen, der Bildhauer Ewerdt Hilgemann, der seine durch Luftentzug zerknautschten Stahlpyramiden auch im öffentlichen Raum Berlins platziert hat. Konträr zu dieser eher konkreten Kunst zeigt sich das russische Malerduo Dubosarsky & Vinogradow mit süßlichen Gemälden im Stil des sozialistischen Bildidyllenprogramms. Damit haben die beiden durchaus Erfolg: In diesem Jahr vertreten sie Russland auf der Biennale in Venedig.

Die Neueröffnung der Galerie hatten der Fotograf Per Berntsen, die Malerin Liv Mette Larsen und der ehemalige DAAD-Stipendiat David Medalla bestritten, dessen biokinetische Skulpturen neben Jan Smejkals Wandarbeit „Mauerstraße“ weiterhin zu sehen sind. Eigentlich hätte die Werkhalle ja die große Geste und der Neubeginn ein Bekenntnis gefordert. Doch Hilgemann hat sich nun auch in der zweiten Präsentation für Werkbeispiele aus dem Fundus entschieden. In der ersten Schau wurden Medallas Skulpturen mit Berntsens Fotografien von Industrieanlagen so gezeigt, als sähe ein Industriepornograf Rohre und Silos roh, brutal, ungeschminkt inmitten jungfräulicher Landschaften (3200 Euro). Jetzt sind an deren Stelle die Schrifttafeln von Jan Smejkal aufgereiht, die letzten Sommer bereits am Gendarmenmarkt zu sehen waren: eine Litanei von Fragen auf bunten Schildern, deren Antwort vorgegeben ist (Preis auf Anfrage). Geht man um David Medallas Skulpturen herum, erscheinen sie wie ein Kommentar zu Smejkals Tafeln: mal als Fragezeichen, mal als Röhrenornament. Offenbar setzt Hilgemann auf Kontraste.

Galerie Kai Hilgemann, Zimmerstraße 90/91; bis 28. Juni; Di.-Sa. 11-18 Uhr.

Peter Herbstreuth

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