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Kultur: Die Tigerin

Zum 70. Geburtstag von Shirley Bassey

Ihre Stimme ist im Pop eine der lautesten, immer noch. Ihr Markenzeichen: ein machtvolles Röhren. Shirley Bassey stieg 1964 zum Weltstar auf, als sie den Titelsong zum James-Bond-Film „Goldfinger“ sang. Der Song gehört zu den großen Drei-Minuten-Opern des 20. Jahrhunderts, Basseys Organ trotzt rasiermesserscharfen Bläsersätzen und melodramatischen Tempiwechseln, am Ende erhebt sie sich sirenenhaft zu einer grundsätzlichen Warnung vor dem Wesen des Bösen: „Mister Goldfinger / Pretty girl beware of this heart of gold / This heart is cold.“ Bald danach sang sie, wieder sehr wuchtig, „Big Spender“, eine halbironische Hymne über eine Hure, die nichts weiter will als Spaß und etwas Kleingeld: „Hey big spender, spend a little time with me.“ Und dreißig Jahre später, in ihrem vorerst letzten großen Erfolg „History Repeating“ von 1997, klang Basseys Stimme noch genauso kräftig und klar, nur dass sie diesmal nicht gegen Blechbläser, sondern gegen die Breakbeats der Propellerheads zu bestehen hatte: „And I’ve seen it before / And I’ll see it again.“

I’ve seen it before, I’ll see it again: Der Refrain beschreibt das Recycling-Prinzip der Popkultur und huldigt gleichzeitig der Biografie seiner Sängerin. Denn Shirley Bassey, die heute ihren 70. Geburtstag feiert, hat es verstanden, ein halbes Jahrhundert lang den wechselnden Moden zu widerstehen und sich selbst treu zu bleiben. Ob man sie als Jazzinterpretin, Souldiva oder zuletzt als große alte Dame der ansonsten eher jugendlichen Stilrichtung Big Beat feierte, konnte ihr egal sein. Basseys Stimme war stärker als jedes Etikett. 1937 in Tiger Bay, Wales, geboren, soll sie schon gesungen haben, als sie in einer Emailfabrik Töpfe verpackte. Am Wochenende trat sie in Varietés auf, 1955 bekam sie eine Hauptrolle in der Revue „Such Is Life“ im Londoner Westend, kurz danach unterschrieb sie einen Plattenvertrag bei der Philips. Ihre erste Single „Burn My Candle“ wurde von der BBC nicht gespielt, weil der Text als zu doppeldeutig galt. Bassey, Bewunderin von Judy Garland, sang sich von Gershwin bis Cole Porter durch das „Great American Songbook“, mit der sanften Ballade „As I Love You“ gelang ihr 1959 der erste Nummer-1-Hit in den britischen Charts.

„Bassey the Belter“ und „Tigress Of Tiger Bay“ hat man sie genannt, die schmetternde Bassey und, wegen ihrer katzenhaft-lasziven Bühnenperformance, die walisische Tigerin. Für die Briten ist sie längst ein Nationalheiligtum. Bassey hat mehr Singles verkauft als jede anderer englische Sängerin, zwischen 1961 und 1991 schafften 29 ihrer Alben den Sprung in die Hitparade. Außer für „Goldfinger“ durfte sie auch die Titellieder für die Bond-Filme „Diamonds Are Forever“ und „Moonraker“ singen. 1999 wurde sie von Elisabeth II. zur „Dame Commander of the Order of the British Emipre“ erhoben.

„Thank You For The Years“ heißt ihr letztes, vor drei Jahren herausgekommenes Album. Am 22. Januar erscheint die neue Single „The Living Tree“. Man darf noch einiges erwarten von Shirley Bassey.

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