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Kultur: Die Vorleserin

„Die Nadel der Kleopatra“ am Schlossparktheater

Kürzlich fand in Steglitz die deutsche Erstaufführung einer britischen Politsatire von Alistair Beaton statt, im Original „King of Hearts“ betitelt, hierzulande also „König der Herzen“. Kein schlechtes Stück: Hausherr Dieter Hallervorden gibt darin als zynischer Premiereminister ein wirklich ansehnliches Charakterschwein. Nun hat man sich am Schlossparktheater entschieden, das Stück kurzerhand umzutaufen. „Wer zuletzt lacht …“, so locken die neuen Plakate, die auch Hallervorden größer ins Bild rücken.

Die jüngste Schlosspark-Premiere, die keine Komödie ist, trägt jetzt den Titel „Die Nadel der Kleopatra“. Sie verdankt ihren Namen zwei ägyptischen Obelisken, von denen eine in London nahe der Themse steht, während die andere im New Yorker Central Park beheimatet ist. Im Stück versinnbildlichen sie, freilich etwas statuarisch, zwei Liebende, die nie zueinander finden konnten. Der Text ist von Philipp Moog und Frank Röth, zwei viel beschäftigten Fernsehschauspielern. Stückenachschub im gehobenen Unterhaltungssegment zu finden, ist keine ganz leichte Aufgabe, da schlägt sich Hallervorden recht wacker. „Die Nadel der Kleopatra“ ist ein in New York angesiedeltes Okay made play, das zu Beginn etwas hochtrabend fragen lässt: „Gibt es mehr als nur die eine Wahrheit?“, uns mit der Auslotung dieser philosophischen Fundamentalfrage dann allerdings doch nicht überfordert.

Cosma Shiva Hagen spielt die Rolle der jungen Schauspielerin Sophie, die erfolglos die Julia vor sich hinprobiert und sich von ihrem nichtsnutzigen Schmarotzer-Freund Marc (Philipp Ungeheuer) den Ratschlag anhören muss: „Spiel doch mal ’ne Hauptrolle!“ Marc und sein Kumpel Jeff (Marco Hofschneider) überreden die allzu Gutmütige schließlich, sich auf eine Annonce hin zu melden, in der ein sprachgewandtes Fräulein als Vorleserin gesucht wird. So begegnet Sophie der kultivierten Madame Bergman (Ingrid van Bergen), die seit einem Unfall blind ist. Während Marc und Jeff diese Fügung nutzen, um der Lady den Monet von der Wand zu mopsen, taucht Sophie in das Tagebuch von Charlotte Bergmanns ehemaligem Liebhaber ein.

Cordula Trantow inszeniert dieses zwischen Armutswohnung und noblem Salon, Melancholie und Fernsehgefühl wechselnde Stück größtenteils mit angenehmer Zurückhaltung. Cosma Shiva Hagen spielt frisch und energetisch, Ingrid van Bergen hat großartige Momente lebenswunder Würde. Viel Jubel am Ende. Aber vielleicht sollte man über den Titel noch mal nachdenken. Wie wäre: „Lachen ist die beste Medizin“? Patrick Wildermann

Wieder vom 16. bis 21. Januar

Mehr zum Schlossparktheater auf Seite 12

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