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Kultur: Die Wanzen sind echt

Kinodebatte über „Das Leben der Anderen“

Der große Saal der Berliner Akademie der Künste am Hanseatenweg platzte aus allen Nähten: Die „Kinodebatte“ galt Florian Henckel von Donnersmarcks Stasidrama „Das Leben der Anderen“, unter anderem mit dem Regisseur, Hauptdarsteller Ulrich Mühe, Filmkritiker Rainer Gansera und dem Journalisten Hannes Schwenger. Dass der Film die eher harmlosen Achtzigerjahre übertreibe, wie bereits behauptet wurde, konnte Ines Geipel, Initiatorin des „Archivs unterdrückter Literatur in der DDR“, mit einer langen Liste von Autoren-Haftstrafen gleich zu Beginn widerlegen. Zwar fiel dem Filmwissenschaftler Claus Löser („Von dem Film bleibt nichts. Er ist nicht mutig“) die Rolle des Buhmanns zu, aber ansonsten herrschte Einigkeit darüber, dass der Film sich Freiheiten erlaube, als Korrektiv für die Sonnenalleeisierung der DDR-Erinnerung jedoch willkommen sei.

Auch im Publikum gab es zwiespältige Reaktionen. Aber insgesamt dominierte eine Atmosphäre leichter Erregung ohne Kontroverse: Viele Ostdeutsche und StasiGeschädigte waren anwesend, einige bebten vor Aufregung, dass „ihre Geschichte plötzlich in der Gesellschaft anzukommen scheint“ (Geipel), etliche dankten dem Regisseur. Und den muss man wirklich erlebt haben: diesen groß geratenen, leise lächelnden Mann, der so plötzlich in Fahrt geraten kann. Die Einwände räumte er so höflich, aber mit Nachdruck aus dem Weg, dass jeder seiner Kleinvorträge mit Beifall bedacht wurde, vor allem die Exkursion über seinen Vater, Günter Schabowski, Franz Josef Strauß und die Allgemeingültigkeit des Politik-Sex-MachtKorruption-Gens. Ob der Film nicht zu versöhnlich sei? „Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich zu entscheiden“, so Donnersmarck, „jeder kann versuchen, gut zu sein – auch ein von der Idee des Sozialismus überzeugter Stasi-Offizier. Wenn dieser Offizier darauf kommt, dass er etwas Falsches tut, dann wünsche ich mir, dass er die Kraft hat, sich zu korrigieren. Diesem Wunsch verleiht mein Film Ausdruck.“ Die Film-Wanzen übrigens, erfuhr man, sind echt. Sie stammen aus der Privatsammlung eines Schulpsychologen aus Wilmersdorf.

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