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Kultur: Die Zukunft des Bauwerkes in Potsdam ist ungewiss

Die Zukunft der bisher von Hausbesetzern bewohnten Gutmann-Villa in der Bertinistraße 16a ist ungewiss. Die Kosten für die Sanierung belaufen sich schätzungsweise auf zehn Millionen Mark.

Die Zukunft der bisher von Hausbesetzern bewohnten Gutmann-Villa in der Bertinistraße 16a ist ungewiss. Die Kosten für die Sanierung belaufen sich schätzungsweise auf zehn Millionen Mark. Die Erben suchen einen Käufer für die Villa. Die Räumung durch die Polizei am vergangenen Freitag hatte zu Protesten in der Hausbesetzerszene geführt. In der Nacht zum Sonntag wurde, wie berichtet, unter anderem die Fassade des Schlosses Sanssouci mit Parolen wie "Zerstört Ihr unsere Kultur, zerstören wir Eure" beschmiert. Die Räumung im Einverständnis mit den Eigentümern wurde mit der Forderung der Denkmalpflege nach sofortiger Sicherung der Villa begründet. In ihr befindet sich das "Arabicum", ein mit orientalischer Ornamentik aus kostbaren Edelhölzern ausgekleidetes Zimmer mit hohem Denkmalwert.

Den Hausbesetzern wurde vorgeworfen, durch Zerschlagen von Fensterscheiben die aus Damaskus stammenden Schnitzereien der Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen auszuliefern. Dadurch sei bereits ein Teil der Decke herabgefallen. Noch im Frühjahr 1998 war bei einer Hausdurchsuchung den Besetzern allerdings bestätigt worden, dass sie das Arabicum schonen und nicht für Wohnzwecke nutzen. Zu DDR-Zeiten, als die Villa Altersheim war, diente das "syrische Zimmer" als Kaffee- und Plauderstübchen für die Senioren. Die Denkmalpfleger betrachten die etwa 80 Räume umfassende Villa als Gesamtkunstwerk, das komplett erhalten werden muss. Die Hausbesetzer hätten es jedoch verkommen lassen. Nach der Räumung sollen nun Sicherungsarbeiten einem weiteren Verfall zuvorkommen und das "Arabicum" retten.

Nach der Wende bekamen die Kinder des früheren Eigentümers Herbert M. Gutmann, Marion Whitehorn und Fred Gann, die reparaturbedürftige Villa rückübertragen. Sie konnten jedoch bisher keinen Käufer finden. Ihre Hoffnung auf eine Übernahme durch die Dresdner Bank zerschlug sich.

Ein solcher Kauf hätte auch als Wiedergutmachung gegenüber der jüdischen Familie verstanden werden können. Herbert Gutmann, dessen Vater, der Geheime Kommerzienrat Eugen Gutmann, die Dresdner Bank begründet hatte, war nämlich 1931 unter fadenscheinigen Gründen aus dem Bankvorstand gedrängt worden. Nach 1933 musste er dann wegen seiner jüdischen Abstammung mit der Familie Deutschland verlassen und emigrierte nach Großbritannien, später in die USA, wo er nach Kriegsende starb. Seine Potsdamer Villa wurde vom nationalsozialistischen Staat vereinnahmt, die kostbare Privatsammlung islamischer Kunst, darunter bis zu 700 Jahre alte goldene Gefäße, Lampen und Dosen, versteigert.

1921 war es Gutmann gelungen, in Damaskus das aus dem 18. Jahrhundert stammende "Arabicum" zu kaufen, das er zunächst in seine Berliner Wohnung, dann in die bereits 1913 in Potsdam am Jungfernsee erworbene, zunächst nur im Sommer genutzte Villa einbauen ließ. Dafür wurde eigens ein Anbau errichtet.Wo bis vor kurzem die Hausbesetzer wohnten, waren seinerzeit illustre Persönlichkeiten zu Gast, so 1921 König Fuad von Ägypten und 1931 der irakische König Feisal I.

Erhart Hohenstein

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