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Kultur: Diepgentown

Wenn Berlins Kultursenator Radunski ein "Zigeunerbaron" ist, wie Claus Peymann behauptet, wer ist dann Eberhard Diepgen? Vielleicht Fürst Ypsheim-Gindelbach, Herrscher über das Duodezfürstentum Reuß-Schleiz-Greiz aus dem "Wiener Blut", der sich so gerne im Glanz der großen Gesellschaft zeigt?

Wenn Berlins Kultursenator Radunski ein "Zigeunerbaron" ist, wie Claus Peymann behauptet, wer ist dann Eberhard Diepgen? Vielleicht Fürst Ypsheim-Gindelbach, Herrscher über das Duodezfürstentum Reuß-Schleiz-Greiz aus dem "Wiener Blut", der sich so gerne im Glanz der großen Gesellschaft zeigt? Wenn heute abend der Landesparteitag der Berliner CDU über die Bühne des Metropol-Theaters geht, darf sich der Bürger Diepgen drei Stunden lang wie ein Operetten-Prinz fühlen: Ihm zu Ehren wird die ganze Show veranstaltet, 400 Deligierte werden seine große Wahlkampfarie bejubeln.Eberhard Diepgen ist für die Berliner CDU was die "Lustige Witwe" für die Leichte Muse ist: ein Dauerbrenner, der immer wieder gern aufs Programm gesetzt wird, wenn man gerade keine Novitäten zur Hand sind.

Für Diepgens sechste Nominierung jedoch hat sich sein Parteifreund Volker Hassemer etwas besonderes ausgedacht: Als Vorgruppe sollen heute abend acht Statisten auftreten, die unter Tagesordnungspunkt drei jeweils drei Minuten lang ihre "Erwartungen an das neue Berlin" formulieren.Mit dem neuen Berlin ist dabei natürlich das Berlin des Regierenden Bürgermeisters Diepgen gemeint, also das alte Berlin oder sagen wir: das neue alte Berlin oder auch - um im Operettenjargon zu bleiben - das ewig junge Berlin, na ja jedenfalls 100 Prozent Berlin.Ein Lehrling und ein Unternehmer, ein Müllwerker und ein Polizist, ein Olympiasieger - und der künftige Intendant des Metropol-Theaters werden ans Mikrophon gebeten.Was der staatlich geprüfte Abfallentsorgungsspezialist sich für die Zukunft wünscht, ist relativ vorhersehbar (weiterhin zehn Tonnen Hundekot täglich, damit ich nicht arbeitslos werde).

Auf welche Formel aber wird der selbsternannte Operettenerweckungsspezialist und designierte Metropol-Chef Christoph Hagel seine Vision von Diegpentown im 21.Jahrhundert bringen? Wer Hagel schon mal als Dirigent erleben durfte, muß befürchten, daß die Redezeit bereits verstrichen sein wird, bevor er sich überhaupt seinen Einsatz geben konnte.Vielleicht erinnert er sich aber auch an die aktuelle Werbekampagne der Berliner Stadtreinigung und ruft den Volksvertretern im Namen seiner Metropol-Crew zu: "We kehr for you!" - und das auch im Fall einer Wahlniederlage: Schließlich schwelgt es sich nirgendwo so gut in Erinnerungen an die gute alte Zeit wie in der Operette.

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