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Kultur: Diese Woche auf Platz 40 P.R. Kantate

„Görlie, Görlie“

HITPARADE

Julian Nida-Rümelin hat sich kürzlich erneut für die Einführung einer Radio-Quote ausgesprochen. Damit sollen die Sender – ähnlich wie in Frankreich – verpflichtet werden, einen Mindestanteil deutschsprachiger Popmusik zu spielen. Der frühere Kulturstaatsminister erweiterte dabei seinen Deutsch-Begriff, der nun „nicht nur deutschsprachiger, sondern generell anders-als-englischsprachiger Musik einen Minderheiten- Schutz gibt ... Wir hören in Deutschland nicht nur immer weniger deutsche, sondern auch immer weniger französische, spanische oder italienische, ganz zu schweigen von russischer oder polnischer Musik.“ Das Wort „Minderheitenschutz“ könnte deutschen Musikern bitter aufstoßen. Aber was heißt schon „Deutsch“? Etwa „Hochdeutsch“? Plattenreiter Kantate zum Beispiel. Der ist in Berlin gerade sehr angesagt.

P.R. Kantate betet den halben Stadtplan rauf und runter – uff ballinisch, vaschtehste? Berlinisches Idiom, apart vermengt mit dem Reggae-Klassiker „Girlie, Girlie“ von Sophia George – das lässt auch Mainstream-Schulli- Herzen höher schlagen. Die Radiosender in der Stadt finden ditt so knorke, dass sie den Song allein in der vergangenen Woche 118 mal spielten. Die Single, gerade erst veröffentlicht, landet in der ersten Woche auf einem respektablen 40. Platz der Single- Charts. In den Airplay-Charts, die verzeichnen, wie oft ein Lied im Radio gespielt wurde, steht sie auf Platz 65. Immerhin gibt es Songs, die bundesweit über 1000 mal pro Woche gespielt werden. Das zeigt: Es handelt sich um ein lokales Phänomen. Noch. Denn praktisch jeder deutsche Dialekt ist sprechgesangsfähig. Und da, lieber Herr Nida-Rümelin, wären wir dann bei den wirklichen Minderheiten, den Unterdrückten und Verlachten, den Bayern und Sachsen. Aber bevor wir nun den halben Tag deren Artikulationsversuche im Radio hören – macht P.R. Kantate sich vielleicht an einen Falk-Plan-Remix unter Berücksichtigung der Berliner Außenbezirke. Jib’ Jummi, Keule! Icke-Power rules.

Ralph Geisenhanslüke

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