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Kultur: Diktat der Sammler

Eine Debatte zum 59. Kultursalon in der Volksbühne

Für gewöhnlich bringt Alice Ströver die Dinge auf den Punkt. Diesmal aber schien sie selbst Orientierung zu suchen. „Schenken mit Bedingungen?“ hatte die kulturpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen den 59. Kultursalon in der Volksbühne genannt. Der Titel sei zwar „nicht sehr eingängig“, meinte Ströver zu Beginn. Es fiele aber auch schwer, das Thema passgenau zu formulieren: die „wichtige wie brisante“ Frage nach dem Zusammenspiel von Privatsammlern und Museen. „Das muss nämlich langfristig und produktiv sein, um es gleich mal zu sagen“, so Ströver.

Dann wollte sie von Erich Marx und Heiner Pietzsch wissen, weshalb ein Sammler sammelt und seine Kunst allen zeigen will. Marx bespielt mit seiner Sammlung bekanntermaßen den Hamburger Bahnhof, Pietzsch besitzt zusammen mit seiner Frau eine hochkarätige Kollektion surrealistischer Malerei, die jüngst in der Neuen Nationalgalerie zu sehen war. 200 000 Besucher später verhandeln die Staatlichen Museen mit dem Ehepaar Pietsch über die Möglichkeiten einer Schenkung. Und schon hier wurde klar, dass es den Sammler als typischen Charakter gar nicht gibt. Denn während Marx nüchtern konstatierte, dass jeder Sammler irgendwann an räumliche Grenzen stoße und sich fragen müsse, wohin mit der Kunst, hatte Pietzsch anfangs gar kein Interesse an Öffentlichkeit. Die Anfragen seien von den Institutionen gekommen, und nun, wo er mit Blick aufs Alter bereit für eine Schenkung sei, warte er auf ein anständiges Angebot: „Ich muss nicht stiften, ohne dass die Bilder anschließend zu sehen sind.“

Genau darum ging es an dem Abend. Pietsch wartet auf eine feste Zusage, was Räume und Präsenz der Werke anbelangt. Selbst wenn die Museen am Ende bloß die Spitzenwerke seiner Sammlung haben wollten und auf die übrigen verzichten: Was sie nehmen, muss garantiert zu sehen sein.

Ist das zu viel verlangt? Ströver suchte Antwort bei Thomas Köhler, dem designierten Direktor der Berlinischen Galerie. Der tastete sich zuerst diplomatisch heran und erinnerte an den Null-Ankaufsetat seines Hauses. Dass er Schenkungen mit Forderungen dennoch höchst problematisch findet, beruht nicht zuletzt auf eigenen leidvollen Erfahrungen. „An der Nase würden die Museen herumgeführt“, meinte er zum Schluss. Das empörte wiederum Pietzsch, der anderen sein „Lebenswerk“ nicht ohne Kontrolle überlassen möchte.

Besser war der Konflikt der Professionen, von dem Ströver ein Bild gewinnen wollte, nicht zu illustrieren. Ein Museum ist nicht einfach nur ein Ort, den man mit Bildern schmücken kann. Und ein Sammler alles andere als ein devoter Bilderlieferant. Wie beides zusammengeht? Das ist ein langer, mühsamer Weg. cmx

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