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In der Kritik. Sabine Schormann, Generaldirektorin der Documenta und des Museums Fridericianum.

© dpa/Swen Pförtner

Documenta fifteen: Documenta-Geschäftsführerin Schormann weist Kritik zurück

Lange hat sie zum Antisemitismus-Eklat geschwiegen. Nun äußerte sich Documenta-Chefin Sabine Schormann zu den Vorwürfen, mit einem Statement auf der Webseite der Weltkunstschau.

Die Generaldirektorin der Documenta, Sabine Schormann, hat den Umgang der Weltkunstschau mit den Antisemitismus-Vorwürfen verteidigt. In einer am Dienstagabend auf der Homepage der Documenta veröffentlichten Erklärung betonte sie die Freiheit der Künstlerischen Leitung und berichtete von deren Sorge, in Deutschland nicht willkommen zu sein.

Den Vorwurf, zu lange untätig geblieben zu sein, wies Schormann zurück und bezog sich damit nicht nur auf den aktuellen Antisemitismus-Eklat wegen des zunächst verhängten, dann abgebauten Großbanners "People's Justice" mit antisemitischen Karikaturen auf dem zentralen Friedrichsplatz.

Seit den ersten Vorwürfen der Nähe zur Israel-Boykottbewegung BDS von Documenta-Mitwirkenden im Januar habe es viele Gespräche gegeben: mit den Kuratoren und Künstlern, externen Experten, dem Aufsichtsrat, Kulturstaatsministerin Claudia Roth und auch dem Zentralrat der Juden in Deutschland.

Schon damals hätten Kuratoren und Künstler „Zensur befürchtet und deswegen ein externes Expert*innengremium abgelehnt“, schreibt Schormann. „Sie sahen sich unter Generalverdacht gestellt und aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder auch ihrer sexuellen Orientierung diffamiert und zum Teil auch bedroht. Insofern gab es bereits im Januar eine deutliche Abwehrhaltung gegenüber Eingriffen in die Kunst.“ Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte ein begleitendes Expertengremium vorgeschlagen.

Auch auf Kritik wegen nur zögerlicher Entfernung des Werks "People's Justice" ging Schormann ein. Das Banner von Taring Padi mit den antisemitischen Bildmotiven sei nicht gleich abgebaut worden, weil man zunächst mit den Kuratoren und den Künstlern habe sprechen wollen, erklärte sie.

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„Eine Entfernung des Werks aus der Ausstellung gegen den Willen der Künstlerischen Leitung und der Künstler*innen wäre als Ultima Ratio ein erheblicher Eingriff in die Künstlerische Freiheit gewesen.“ Man habe das Bild inzwischen auch strafrechtlich prüfen lassen: Juristen seien zu dem Schluss gekommen, „dass keine Strafbarkeit gegeben ist“.

Dass nach dem Abbau erneut gefordert wurde, externe Experten „mit Entscheidungsbefugnissen“ sollten die Ausstellung überprüfen, habe „das Vertrauensverhältnis zu ruangrupa und den Künstler*innen enorm belastet“, so Schormann. Dass es dem Gremium möglich sein soll, Künstler auszuladen, verstehe man „als (Selbst-)Zensur“. Neuerdings sei durch Vorfälle mit rassistischem und transphobem Hintergrund „der Eindruck entstanden, in Kassel und Deutschland nicht willkommen oder sogar gefährdet zu sein“.

Mitte letzte Woche hatten sich der Bundestag und der Bundestags-Kulturausschuss mit dem Fall befasst, Sabine Schormann kam der Einladung des Ausschusses kurzfristig nicht nach, aus Krankheitsgründen, wie es hieß. Bei den Debatten war mehrfach ihr Rücktritt gefordert worden, unter anderem von der CDU-Abgeordneten Gitta Connemann.

Schormann widersprach auch Meron Mendel, der als Berater das Handtuch geworfen hatte

Ende letzter Woche hatte der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, den Organisatoren vorgeworfen, auf den Antisemitismus-Skandal nicht ausreichend reagiert zu haben. Mendel kündigte sein Engagement als externer Experte und warf der Documenta-Leitung vor, „auf Zeit zu spielen“. Auch mehr als zwei Wochen nach der Ankündigung seiner Mitarbeit sei nichts geschehen. Telefonanrufe seien unbeantwortet geblieben, seine Bitte, mit Ruangrupa zu sprechen, sei „mit Ausreden auf die lange Bank geschoben“ worden.

Schormann widersprach Mendel nun öffentlich: „Diverse Darstellungen“ Mendels in Interviews könnten „von uns nicht nachvollzogen werden“: Man sei immer erreichbar gewesen, die Aufgaben seien klar kommuniziert worden.

Die Documenta sei „keine Nationen- oder Kunstleistungsschau“, schloss Schormann, sie lege vielmehr „zukunftsweisende Konzepte“ vor. „Möglich wird dies, weil seit Jahrzehnten die künstlerische Freiheit der jeweiligen Künstlerischen Leitung und der beteiligten Künstler*innen garantiert wurde. Darauf gründet sich der Ruf der Documenta als bedeutendster Kunstausstellung der Welt.“ (dpa/Tsp)

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