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Ruhm braucht Haltung. Salim Shaheen wirft sich in Pose.

© Temperclayfilm

Doku über afghanischen Filmstar: Salim Shaheen - Rächer der Entrechteten

Salim Shaheen zeigt den ärmlichen Alltag Afghanistans. Dafür wird er in seiner Heimat bewundert. Regisseurin Sonia Kronlund porträtiert den Filmstar in ihrer Doku „Meister der Träume“ eindringlich.

Er hat etwas von einem afghanischen Gérard Depardieu. Salim Shaheen ist ein begnadeter Schauspieler mit beeindruckendem Feuer. Doch im Unterschied zu dem französischen Putin-Freund ist er auch sein eigener Regisseur und Produzent. Und die Russen mag er als Afghane verständlicherweise nicht. Mit den für ein westliches Publikum aufgebrezelten Kunstfilmen, die ab und zu vom Hindukusch auf europäische Filmfestivals oder ins Arthouse-Kino kommen, hat Shaheens Kino allerdings nichts zu tun, umso mehr mit Bollywood-Ästhetik.

Dabei ist Shaheen als Rächer der Entrechteten am ärmlichen afghanischen Alltag nah dran. „Nothingwood“ nennt er sein Kino, weil es ganz ohne Equipment oder Geld aus dem Nichts kommt. Ungefähr 110 Produktionen hat er – auch während der vergangenen Kriege – dennoch mit Enthusiasmus und Improvisationsgeist hinbekommen. Und mit der Hilfe seiner Söhne und Freunde, die fast alle schon einmal mitgespielt haben. In seinem Land wird Salim Shaheen als Star verehrt und posiert immer wieder gern vor Bewunderern, die alle Filme in- und auswendig kennen: Sogar Taliban sollen unter ihnen sein. Und natürlich macht er seinem Berufsstand mit Allüren und Zampano-Ausfällen alle Ehre.

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Weiteren Auftrieb dürfte Shaheens Eitelkeit bekommen haben, als sich die französische Afghanistan-Korrespondentin Sonia Kronlund für ihn interessierte. Sie hat seine wilde Truppe für ihre Dokumentation „Meister der Träume“ bei einer Reise von Kabul nach Bamiyan an verschiedene Innen- und Außensets begleitet. Kronlund mixt ihr Making-Of-Material spielerisch mit Ausschnitten aus Shaheens Filmen zu einem ebenso eindringlichen wie amüsanten Porträt.

Manchmal nervt die Art, wie sich Kronlund als ängstliches Mädel in Bild und Szene setzt. Doch das ist eine notwendige Strategie, um gegen Shaheens Dominanz anzukommen. Außerdem pariert und kommentiert Kronlunds Präsenz auch die bizarre Situation, dass andere Frauen im Film und in der Öffentlichkeit fast gar nicht vorkommen. Die einzige Schauspielerin in Shaheens Team wird am Set scharf von ihrem Vater bewacht.

Protagonist Ali musste vor den Taliban fliehen

Fast exzessiv agieren darf dafür Qurban Ali, der neben einer eigenen Show im afghanischen Fernsehen in Shaheens Filmen regelmäßig tuntige Weiblichkeit (in einem autobiografischen Film sogar als Shaheens Mutter) ausstellt – und die effeminierte Gestik auch im Privatleben durchhält. Dass er der einzige ist, von dem wir dann auch Familie und Ehefrau sehen, soll wohl diese deutlich sichtbaren Zeichen von Homosexualität wieder gesellschaftskonform zurückbinden.

So kann man sich anderthalb Stunden lang über das Aufblitzen sexueller Freiheit in einem patriarchalen System freuen. Doch schon letztes Jahr ging die Nachricht durch die Presse, dass auch Ali vor Angriffen der Taliban nach Delhi fliehen musste: Er hofft auf Asyl in einem westlichen Land.

In Berlin in den Hackeschen Höfen, im Eiszeit, in der Brotfabrik, im Wolf und dem Union Filmtheater

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