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Jayakrishnan Subramanian und Franziska Schönenberger

© zorrofilm

Dokumentation "Amma & Appa": Wenn Bayern auf Indien trifft

Sie ist aus Bayern, er ist Tamile. Beide verlieben sich und wollen heiraten. Nur: Was sagen die jeweiligen Eltern dazu? Die Kino-Doku "Amma & Appa", gedreht vom Liebespaar selbst, beobachtet einen ganz besonderen Culture Clash.

Interkulturelles Heiraten war im Kino auch schon vor „Monsieur Claude und seine Töchter“ immer wieder in Mode, man denke an „My Big Fat Greek Wedding“, „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ oder zuletzt „Einmal Hans mit scharfer Soße“: allesamt romantische Komödien, die ihren Lustgewinn daraus ziehen, die Helden gegen die unterschiedliche Tradition und elterlichen Willen vor den Altar zu treiben. Das soll völkerverbrüdernd wirken, stellt zwecks Distanzgewinn aber Klischees erstmal geballt aus. Ob die Reise wirklich Spaß macht, hängt wie bei allen Genrefilmen (außer von der Chemie zwischen den Darstellern) vor allem davon ab, wie virtuos Drehbuch und Regie das Regelwerk des Genres gleichzeitig bedienen und unterwandern.

Oft geht es allzu sehr nach Rezept zu. Da sind Dokumentarfilme oft im Vorteil, zumal das echte Leben oft origineller ist als jedes geschriebene Drehbuch. „Amma & Appa“ verhandelt eine solche Culture-Clash-Beziehung dokumentarisch: Der Film begleitet ein deutsch-indisches Liebespaar, das von der Reise-Berufs-Bekanntschaft bald in die Zwänge traditioneller Familienvorstellungen gerät. Denn die Eltern im kleinstädtischen südindischen Cuddalore wollen für ihren Jayakrishnan unbedingt selbst eine tamilische Ehefrau auswählen. Und nicht nur die tamilischen Amma und Appa, sondern auch Mama und Papa in Bayern sind von der exotischen Partnerwahl ihrer Kinder nicht entzückt.

Höfliche Mittelklasse trifft auf höfliche Mittelklasse

Die klassische Prämisse gerät in Bewegung, als erst Franziska und dann auch ihre Eltern zum Antrittsbesuch bei Familie Subramanian reisen: Höfliche Mittelklasse trifft auf höfliche Mittelklasse. Und während die Inder für die Fremden einen Esstisch kaufen, laden die Bayern in Dirndl und Lederhosen zum Grillen auf die Terrasse. Wobei die interkulturellen Standardsituationen modisch amüsiert mit Bollywood-Songeinlagen inszeniert werden. Jenseits der peppig-poppigen Oberfläche aber bewegt sich nicht viel. Offenbar dient die bayerisch-tamilische Konstellation als bloße Folie für ein gefälliges Feel-Good-Movie.

Ein echtes Kunststück

Peinlich wird das, weil die Verliebten nicht nur Protagonisten des Films sind, sondern auch die in dieser Doppelrolle überforderten Macher. Besonders Franziska Schönenberger, die an der Filmhochschule in München studiert, wirkt im Bild und einem redundanten Kommentar („Bin ich in der Familie angekommen? Was denken sie wirklich über mich?“) unglücklich unbedarft. Und die von Jayakrishnan Subramanian gezeichneten Animationen mögen zwar hübsch sein, tragen zur Substanz aber nichts bei.

Dabei gäbe es mit Jays Mutter, die selbst gegen die Tradition rebellierte, die sie nun so vehement vertritt, eine tragische und dramaturgisch relevante Figur. Dafür hätten sich die Beteiligten aber ernsthaft für das jeweils Fremde – jenseits des oberflächlichen Bilds von den Tamilen als Bayern Indiens – interessieren müssen. So aber bleibt die Doku „Amma & Appa“ vorhersehbarer als mancher Spielfilm. Ein echtes Kunststück.

Filmtheater am Friedrichshain, Hackesche Höfe, Kant, Moviemento

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