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Kultur: Doppelglückstag

Rüdiger Schaper gratuliert Claus Peymann und Roberto Blanco Heute vor 65 Jahren erblickten zwei geniale Antipoden deutscher Kultur das Licht der Welt: in Tunis der eine, in Bremen der andere. Ihre Wege haben sich nie gekreuzt, doch die Parallelität der beiden außergewöhnlichen Karrieren lässt tief blicken.

Rüdiger Schaper gratuliert

Claus Peymann und Roberto Blanco

Heute vor 65 Jahren erblickten zwei geniale Antipoden deutscher Kultur das Licht der Welt: in Tunis der eine, in Bremen der andere. Ihre Wege haben sich nie gekreuzt, doch die Parallelität der beiden außergewöhnlichen Karrieren lässt tief blicken. Und verbindet diese Männer nicht ein verwandtes Naturell – dieses Temperament, dieses angeborene Show-Talent, das nie erlahmt und immer neue, wilde Blüten treibt?

Gehen wir zurück ins Jahr 1958. Da ist der Schlagersänger mit Josephine Baker auf Tournee, während unser junger Theatermacher die Hamburger Studentenbühne aufmischt. Zehn Jahre später der Durchbruch, für beide: Roberto Blanco landet einen Riesenhit („Heute so, morgen so“), und Claus Peymann löst mit seinen Peter-Handke-Uraufführungen („Publikumsbeschimpfung“, „Kaspar“, „Selbstbezichtigung“) ein Erdbeben in der deutschen Theaterlandschaft aus. Es blitzt, wenn Blanco auf die Bühne stürmt, es donnert, wenn Peymann diese schlechte Welt mit Klassikern schuriegelt.

Unsere Entertainer blieben ihren Wurzeln treu. 1986, nach legendären Erfolgen als Chef in Stuttgart und Bochum, wird Peymann Direktor des Burgtheaters, ein Deutscher im Wiener Olymp! Und wieder zieht Blanco mit: Der Sohn eines Kubaners mit deutschem Pass bestreitet als erster ausländischer Künstler einen eigenen Show-Block in der „Tropicana“-Revue in Havanna. „Ein bisschen Spaß muss sein“: Gilt die Erkennungsmelodie unseres Mannes für den „schwarzen Humor“, wie Roberto Blanco sich einmal selbst charakterisierte, nicht ebenso für unseren Berliner Theater-Zampano?

Claus Peymann braucht die Konfrontation immerzu. Dabei scheint sein einziges Problem mit den Jahren darin zu liegen, dass in der deutschen Hauptstadt – anders als in der österreichischen – keiner so recht all die Fehdehandschuhe aufheben mag, mit denen der Direktor des Berliner Ensembles um sich wirft. Politiker, Kritiker, Intendanten-Kollegen: allesamt Banausen, die mit vereinten Kräften am Untergang des Abendlandes arbeiten. Aber niemand wird den Unterhaltungswert der Claus-Peymann-Show bestreiten, die Quote stimmt, das Berliner Ensemble steht wie eine feste Burg im Blendwerk von Berlin-Mitte. Gerade hat das BE verkündet, es werde auch in nächsten Jahr das „einzig wahre Theatertreffen“ veranstalten, und Peymann wird „Die Mutter“ von Brecht inszenieren, Premiere am 15. Januar 2003, zum 84. Todestag von Rosa Luxemburg!

Was kann man einem Theatermenschen wünschen, der alles erreicht, alles gewonnen, alle Kämpfe ausgekämpft hat? Eine starke Konkurrenz vielleicht – und einen künstlerischen Nachwuchs, der so unwiderstehlich respektlos losstürmt wie einst der kleine Claus. Ach, schenken wir ihm doch einen Blanco-Scheck für gutes, wahres und schönes Theater.

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