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Kultur: Doppelter Clooney, vermisster Clooney

Unterwegs zwischen „Syriana“-Fete und „People’s Night“ im Borchardt

Schlag nach bei Buddha, gerade jetzt! „Groll mit uns herumtragen ist wie das Greifen nach einem glühenden Stück Kohle in der Absicht, es nach jemandem zu werfen. Man verbrennt sich nur selbst dabei.“ Diese Weisheit wird Buddha zugeschrieben, und der steht doch auch im Spindler & Klatt herum, dem fernöstlich gestylten Clubrestaurant in der Köpenicker Straße 16/17. Kein Groll also, wenn man nun schon wieder George Clooney nicht gesehen hat, den Star der Kreuzberger Nacht, den Mittelpunkt der Nachfeier zur Premiere von „Syriana“ in der Nacht zu Sonnabend. Denn insgesamt, ob mit George oder ohne, lief die Partymaschine in der zweiten Festivalnacht schon sehr rund.

Ja, Clooney soll in der Köpenicker Straße gewesen sein, man muss es glauben, wenn man sich während seiner Anwesenheit oben auf der Empore leider nur im Parterre herumdrücken durfte. Eine kuriose Raumgestaltung, das muss man schon sagen: Zusammengeschobene Container, auf denen hinter Balustraden die Stars thronen – automatisch schaut man zu ihnen auf. Schön, wenn dann einer wie Regisseur Wolfgang Becker auch mal unten vorbeispaziert, bevor es ihn wieder nach oben zu Clooney zieht. Wer sonst noch da war? Gemeldet sind Alexandra Maria Lara , Jan Josef Liefers und Gregor Toerz . Aber verbindlich kann man das aus der Froschperspektive nicht sagen.

Ganz anders dagegen im Ritz-Carlton am Potsdamer Platz: Da lief George Clooney ohne Bodyguards auf der „Movie meets Media“-Party herum und unterhielt sich mit den Partygästen. Um Autogramme wurde der Mann aber nicht gebeten, denn wer nah genug an ihn herankam, musste erkennen, dass es sich nur um einen Doppelgänger handelte. Maurizio Gerosa heißt der und ist eigentlich Barkeeper in Italien. Alle anderen Prominenten waren echt, wenn auch leider eine Nummer kleiner als Clooney: Schauspieler Heiner Lauterbach , Moderatorin Ulla Kock am Brink , Ex-Glücksrad-Fee Maren Gilzer . Und wie der Clooney-Doppelgänger spielte jeder die Rolle, die er am besten kann: Die Jung-Comedians alberten, die MTV-Moderatorinnen sahen bezaubernd aus, Tatjana Gsell küsste ihren Ferfried von Hohenzollern immer dann, wenn sich den beiden eine Kamera in den Weg stellte. Und Schauspieler Claude-Oliver Rudolph stand in gelber Trainingsjacke im Foyer und gab wieder einmal den Bösewicht: Er sei nur wegen seines Kumpels Heiner Lauterbach gekommen – „ich habe gar keinen Bock auf so was. Sind eh nur Doofe hier.“ Auffällig war, wie wenig im Ritz-Carlton über die Berlinale gesprochen wurde – trotz „Movie“ im Motto. „Da bin ich viel zu sehr im Stress, um mir Filme anzuschauen“, sagte etwa Sängerin Yvonne Catterfeld . Ihre Telenovela „Sophie – Braut wider Willen“ wurde zwar gerade mangels Erfolgs eingestellt („Es war eben ein mutiges Projekt“), dafür arbeitet sie jetzt im Studio an einem neuen Album. Auch Komiker Bastian Pastewka hat dieses Jahr keine Zeit, Wettbewerbsbeiträge der Berlinale zu sehen. „Ich spiele ja jeden Abend am Theater am Kurfürstendamm.“

Wenigstens Schauspieler Armin Rohde wollte über Filme sprechen – wenn auch hauptsächlich über seinen eigenen. Der heißt „Hotzenplotz“ und hat am heutigen Sonntagabend Premiere. Und bis zu diesem Termin hetzt Rohde „wild von einer Werbeveranstaltung zur nächsten, nur noch mit Hotzenplotz im Kopf. Und geschlafen wird höchstens im Taxi.“

Gegen 2 Uhr hatte sich das Ritz-Carlton schon etwas geleert, das Büfett war aufgegessen, da kam „Ärzte“-Schlagzeuger Bela B. auf die Party. Der gilt doch allgemein als Filmfreak, der hat bestimmt was zu den Berlinale-Filmen zu sagen? „Nee, ich bin jeden Tag im Studio und nehme mein Soloalbum auf.“ Und auf der Party sei er nur wegen seiner Freundin, die unbedingt feiern gehen wollte. „Da laufe ich ihr eben hinterher.“

Viel Laufereien hat auch Berlinale-Chef Dieter Kosslick – schon von Berufs wegen. Natürlich war für den Festival-Chef die glanzvolle Party des Hauptsponsors VW im „Borchardt“ ein Muss. Hier wird am Abend nach der Eröffnung schon fast traditionell die „People’s Night“ gefeiert, die Volksnacht also. Hier waren Freitagabend nicht nur schwärmerische Filmjunkies versammelt, sondern auch viele Unromantische, die, vor die Wahl gestellt, ein gutes Glas Taittinger zu trinken oder George Thesexiestmanalive Clooney aus dem Gedränge heraus mit den Augen berühren zu dürfen, dem Champagner den Vorzug geben würden. Für die hiesigen Stars wird die Berlinale immer mehr eine Kneipe auf Zeit. Sie verabreden sich auf bestimmten Partys, weil sie, wie Max Raabe sagt, „sonst nur ganz selten Zeit zum Ausgehen haben“. Und hier, fügte der Sänger, der dem Berlinale-Auftakt so einen passenden harmonischen Rahmen gab, „trifft man plötzlich Leute, die man Jahre nicht gesehen hat“. Auch Iris Berben war gekommen, in einem cremefarbenen Cocktailkleid, und sie blieb, obwohl drei anstrengende Drehtage vor ihr liegen, bis nach Mitternacht. In einer Ecke heckte Filmproduzent Bernd Eichinger , der mit seiner Mutter erschienen war, etwas aus, und Heiner Lauterbach (gerade noch bei Movie meets Media) kündigte seine Ankunft per Handy bei Borchardt-Chef Roland Mary an.

Derweil seufzte der italienische Botschafter über die schwierigen Agenten, an deren utopischen Vorstellungen eine italienische Filmparty in der wunderbaren Kulisse seiner rosafarbenen Botschaft gescheitert ist. Modeschöpferin Anna von Griesheim hatte ihren Mann mitgebracht, der ihren ersten selbstentworfenen Smoking zwischen Gästen wie Carola Ferstl , Robert Stadlober und Werner Sonne spazieren führte. Der Grüne Rezzo Schlauch erzählte, wie er das Leben jenseits der Politik von Herzen genieße: Gerade komme er von Alfred Bioleks Küchenparty für die Jury, sagte er. Nun, als ehemaliger Staatssekretär, habe es niemanden etwas anzugehen, ob er Charlotte Rampling eine Rose geschenkt oder Smalltalk mit Armin Müller-Stahl gemacht hatte.

Immer wird ja auch gefragt, wer welchen Ort mit seiner Anwesenheit aufgewertet hat. George Clooney hatte zwar einen Tisch im Borchardt reserviert, dann aber lieber in Kreuzberg gefeiert. Egal, noch ist nicht aller Berlinale Abend.

Mehr zum Thema im Internet unter http://blog.tagesspiegel.de/

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