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Noch bevölkern Fußgänger die Waldschlößchenbrücke. Ab Montag rollen die Autos.

© dpa

Dresden eröffnet Waldschlößchenbrücke: Ein Pyrrhussieg für die Autolobby

Die Dresdner Waldschlößchenbrücke über die Elbe war höchst umstritten. Wegen ihr verlor die Stadt ihren Weltkulturerbe-Status. Zu Recht, wie sich jetzt bei der Einweihung zeigt.

Irgendwann musste sie ja fertig werden. Nun ist es soweit: An diesem Wochenende wird Eröffnung gefeiert. Und von Montag an wird die Dresdner Waldschlößchenbrücke dem Zweck dienen, zu dem sie in sechsjähriger Bauzeit errichtet worden ist, dem Autoverkehr. Es ist ihr einziger Zweck, freilich nicht ihr einziges Ergebnis. Denn zugleich zwang der Bau der Brücke die Unesco, dem Dresdner Elbtal, also Dresdens Lage am Fluss, die der Stadt den Titel „Elbflorenz“ eintrug, 2009 das Prädikat Weltkulturerbe zu entziehen.

Der Brückenbau hatte Dresden gespalten

Die Bürger haben es so gewollt, mag sich die Brückenvorkämpferin auf dem Oberbürgermeistersessel, Helma Orosz, trösten. Eine satte Zweidrittelmehrheit der Dresdner stimmte 2005 für den Bau, die Fahrzeitverkürzung im Sinn, und vielleicht auch, dass neue Straßen neuen Verkehr anziehen. Und sei es auf den Zulaufstrecken, die dann ebenfalls ausgebaut werden müssen und so weiter und so fort. Dresden besitzt ein vorzügliches Nahverkehrssystem, so gut, dass die Verlegung von Straßenbahngleisen auf der Autotrasse empört zurückgewiesen wurde. Wäre ja noch schöner, wenn auch der öffentliche Verkehr aus dem 182-Millionen-Geschenk an die mobilisierten Vorort-Dresdner Nutzen ziehen dürfte! Es wurde ja nicht nur die Brücke gebaut, die vom der Stadt gegenüberliegenden, hügelig ansteigenden Elbufer aus dem Betrachter jetzt wie die Faust aufs Auge schlägt, sondern eine Schnellstraßenverbindung. Ein Tunnel kam nicht infrage, zumal der Ausbau der Strecke, deren Herzstück die Waldschlößchenbrücke bildet, das Fernziel der Autolobby bildet, von der A4 zur A17. Berlin – Prag, wenn man so will.

Dass die Brücke, zumal wenn man ihre extrem langen Auffahrten zu beiden Uferseiten mit betrachtet, nicht eben architekturpreiswürdig ist, haben Kenner des einmaligen, aus Kultur und Natur verwobenen Dresdner Landschaftsbildes von Anfang an bemerkt. Es handelt sich eher um die typische, aufgeständerte Autobahntrasse mit einem wie verdruckst wirkenden kleinen Bogen in der Mitte. Kein Vergleich mit den so unterschiedlichen historischen Brücken, die Dresden besitzt, etwa die 1910 erneuerte, aber dem Vorbild von 1731 entsprechende Augustusbrücke oder das „Blaue Wunder“ als verspieltes Zeugnis früher Technikbegeisterung, elbaufwärts im Vorort Loschwitz.

Drastische Maßnahme der Unseco

Nicht das gestalterische Unvermögen veranlasste die Unesco zu einer bis dahin nie praktizierten drastischen Maßnahme, sondern die Verstocktheit der Stadtoberen, die nicht die geringste Kompromissbereitschaft zeigten. Nun sind die Elbauen zwischen Altstadt und Loschwitz zerschnitten. Sie mochten im Gesamtbild dieser Kulturlandschaft unspektakulär wirken, sind aber ihr unabdingbarer Bestandteil – als Intermezzo zwischen dem engen Elbetal flussaufwärts und dem unvergesslichen Panorama der Residenzstadt. Zwar ist Letzteres auch jetzt nicht berührt, den „Canaletto-Blick“ leicht stromabwärts der Augustusbrücke kann man weiterhin genießen, (fast) wie 1748. Aber der Sündenfall ist geschehen. Bald begleitet ihn die Kakofonie des unablässig rollenden Autoverkehrs.

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