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Dresden: Kürzungen bedrohen Musikfestspiele

Den Musikfestspielen Dresden droht nach Ansicht von Intendant Hartmut Haenchen wegen finanzieller Kürzungen ein Sturz in die Mittelmäßigkeit: "Das besucherstärkste Klassikfestival in Deutschland steigt in die Mittelklasse ab".

Dresden - Der renommierte Dirigent sagte in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa, seit seinem Amtsantritt 2003 sei die Zahl der Veranstaltungen von 184 auf heute 64 gesunken. Während zu Spitzenzeiten 150.000 Gäste kamen, könne in diesem Jahr nur noch mit etwa 70.000 gerechnet werden. Haenchens Etat ist von 2,6 Millionen Euro (2003) auf derzeit 1,9 Millionen Euro geschrumpft. Bei seinen letzten Festspielen 2008 sind es noch 1,8 Millionen Euro.

"Ich bin sehr enttäuscht, dass es mir nicht gelungen ist, mein Konzept bis zum Ende in vollem Umfang durchzusetzen. Das ist für mich bedauerlich und schmerzlich", erklärte der 64 Jahre alte Künstler. Dennoch sei es gelungen, das Festival am Leben zu erhalten. "Das verdanken wir allen unseren Mitarbeitern und Tausenden Dresdnern, die 2004 für die Festspiele auf die Barrikaden gingen." Vor drei Jahren hatte die Stadt Dresden erwogen, das Musenfest mangels Geld gänzlich verstummen zu lassen. "Damals habe ich darüber nachgedacht, das Handtuch zu werfen. Die Entschlossenheit der Leute bewog mich zum Weitermachen."

"Beachtliches Ergebnis"

Nach Aussagen von Haenchen haben die Dresdner Musikfestspiele trotz aller Dissonanzen viel erreicht. Als Beleg nannte er unter anderem mehr Zuspruch bei auswärtigen Besuchern und mehr jüngeres Publikum. Das Durchschnittsalter der Zuhörer sei "von den Sechzigern in die Fünfziger" gerutscht. "Das ist für ein Klassikfest in Deutschland ein beachtliches Ergebnis." Dresden habe es geschafft, selbst Punks für klassische Musik empfänglich zu machen. Zudem komme inzwischen schon fast die Hälfte (44 Prozent) der Besucher von außerhalb: "Das Festival hat überregional an Ansehen gewonnen."

Die Musikfestspiele werden in diesem Jahr 30 Jahre alt. Schon vor dem Mauerfall waren sie im auch im Westen ein Begriff. Zur Premiere dirigierte Herbert von Karajan die Berliner Philharmoniker. Auch später kam alles, was in der Musikwelt Rang und Namen hat - von den Wiener Philharmonikern über die großen Londoner Orchester bis hin zu den Klangkörpern aus Boston, Chicago oder New York. Haenchen bedauerte, dass Dresden in den vergangenen Jahren aus Kostengründen kaum noch Opern-Gastspiele präsentieren konnte. "Gerade das wäre für die Stadt mit ihrer großen Operntradition wichtig."

Haenchen: Politiker denken zu kurzfristig

Auch beim Jubiläums-Jahrgang vom 17. Mai bis 3. Juni will Haenchen kulturpolitische Akzente setzen. Mit dem Motto "Landschaften" trifft er einen Nerv. Das Festival bietet eine musikalische Reise im Unesco-Welterbe Dresdner Elbtal. Der Status ist akut bedroht, da in der reizvollen Flusslandschaft eine Brücke entstehen soll. "Es irritiert mich, dass Politiker so kurzfristig denken." Es sei erwiesen, welche Bedeutung Kunst, Kultur und Musik bei der geistigen Entwicklung junger Menschen haben. "Kühen spielt man Mozart vor, damit sie mehr Milch geben. Bei Menschen wird das Potenzial nicht genutzt."

Nachfolger Haenchens soll von 2009 an der international bekannte Cellist Jan Vogler werden. (Von Jörg Schurig, dpa)

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