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Kultur: Dschungelmusik mit Bogen und Säge

Drei Musiker in zerknitterten Anzügen sitzen mit entrückter Miene auf der Bühne, wie fremdgesteuert bedienen sie ihre Instrumente. In ihrer Mitte ein zierliches Mädchen in Glitzerkleid und Riemchenschuhen.

Drei Musiker in zerknitterten Anzügen sitzen mit entrückter Miene auf der Bühne, wie fremdgesteuert bedienen sie ihre Instrumente. In ihrer Mitte ein zierliches Mädchen in Glitzerkleid und Riemchenschuhen. Es singt mit hervorgestreckter Brust: "My name is Lolita and I was supposed to play with boys." Meret Becker und Ars Vitalis haben sich ein Jahrhundert Filmmusik vorgenommen. Mit Mundharmonika, Glockenspiel, Flöten und Flaschenhälsen entführen sie die Zuschauer der Bar jeder Vernunft in den Dschungel; als Meret mit dem Bogen über die Säge streicht, klingt es so schaurig schön, als befände man sich in einer Traumwelt. Das Quartett spielt mit Gegensätzen: hier die ältlichen Herren, die mit heruntergezogenen Mundwinkeln und hängenden Schultern musizieren, dort die kokettierende Sängerin mit ihrem Mädchencharme.

Meret Becker miaut "Everbody wants to be a cat", grölt "Chim Chimmenee" aus "Mary Poppins", trällert "Hi Lilli, hi lo". Der Drummer imitiert mit weit aufgerissenem Mund einen Sänger, zuckt und wackelt mit den Ohren. Hinreißend die Ausflüge in die Artistik: ein paar stolpernde Ballettbewegungen, schlingernde Reifen, Konfetti und Luftschlangen werden zur Hommage an Fellinis "La Strada". Klassiker wie "Fahrstuhl zum Schafott" oder "Der blaue Engel" gehören ebenso zum Programm wie jüngere Filmen wie "Blue Velvet" oder "Das Piano". Den vier Musikern gelingt ein kleines Kunststück: Sie präsentieren bekannte Melodien und lassen uns in Erinnerung an längst vergessene Lieblingsfilme schwelgen.

Denise Dismer

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