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Düsseldorf: Kein Heine-Preis für Handke

Nach der anhaltenden Kritik an der Jury des Heinrich-Heine-Preises wird die Auszeichnung in diesem Jahr nun doch nicht an Peter Handke gehen. Der Österreicher war immer wieder mit seinen pro-serbischen Äußerungen angeeckt.

Düsseldorf - Nach heftigen Protesten ist die Verleihung des Heinrich-Heine-Preises an den Schriftsteller Peter Handke wahrscheinlich geplatzt. Die Fraktionen von SPD, FDP und Grünen im Düsseldorfer Stadtrat haben sich am Dienstag darauf verständigt, die Vergabe der mit 50.000 Euro dotierten Auszeichnung an Handke zu verhindern. Die Heine-Preis-Jury war nach ihrem Votum für Handke wegen dessen pro-serbischer Haltung massiv von Politikern und Literaten attackiert worden. Handke selbst wies die Kritik zurück.

«Wir werden das Geld nicht zur Verfügung stellen», kündigte der Geschäftsführer der Düsseldorfer FDP-Ratsfraktion, Manfred Neuenhaus, am Dienstag an. Auch in der CDU-Fraktion wird es laut Bürgermeister Dirk Elbers keine Mehrheit für Handke geben. Der Stadtrat hätte der für den 13. Dezember geplanten Vergabe an den österreichischen Autor in einer Ratssitzung am 22. Juni zustimmen müssen.

"Verbrecherischem Regime angedient"

Die zwölfköpfige Jury aus Politikern, Literaten und Wissenschaftlern hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass Handke «eigensinnig wie Heine (...) in seinem Werk seinen Weg zu einer offenen Wahrheit» verfolge.

«Wir sind der Auffassung, dass Handke sich mit seinem öffentlichen Verhalten einem autoritären, verbrecherischen Regime angedient hat», sagte Neuenhaus. Mit überlieferten Äußerungen Handkes zum Balkankrieg wie «Die NATO hat kein Auschwitz verhindert, sondern eines geschaffen» sei aus FDP-Sicht eine Grenze erreicht.

Opfer Milosevic

Handke selbst schrieb in einer in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ) vom Dienstag veröffentlichten Entgegnung auf einen FAZ-Kommentar vom 27. März: «Nirgendwo bei mir kann man lesen, ich hätte Slobodan Milosevic als "ein" oder "das Opfer" bezeichnet».

Während Jury-Mitglieder wie die Literaturkritikerin Sigrid Löffler und der Rektor der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, Alfons Labisch, mit dem Hinweis auf die Unabhängigkeit der Jury und die Vertraulichkeit des Votums eine Stellungnahme kategorisch ablehnten, hatte sich Jury-Mitglied Christoph Stölzl (CDU) von der Entscheidung distanziert.

In der Kritik: Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff

Der wegen seines Fehlens bei der Abstimmung unter Beschuss geratene NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) soll an diesem Mittwoch auf Betreiben der NRW-Grünen in der Fragestunde des Parlamentes Rede und Antwort stehen. Der Landespolitiker hatte seine Nicht-Teilnahme «mit der nachhaltig fehlenden Bereitschaft des Oberbürgermeisters» begründet, «mit dem Land partnerschaftlich zusammen zu arbeiten». Der Düsseldorfer OB Joachim Erwin (CDU) ist ebenfalls Jury-Mitglied.

Die NRW-SPD nannte Grosse-Brockhoffs Haltung «inakzeptabel», die NRW-Grünen kritisierten sie als «lächerlich» und «Schwächung der Landesinteressen». Nach Angaben der Grünen hätte Grosse-Brockhoff die Jury-Entscheidung mit den ihm zustehenden zwei Stimmen verhindern können. Inhaltlich hatte der Kulturstaatssekretär ebenfalls das Jury- Votum kritisiert: Wer wie Handke den Holocaust relativiere, stehe in keiner Weise in der Tradition Heinrich Heines und sei nicht preiswürdig.

Politische Äußerungen nicht miteinander vereinbar

Auch der Dekan der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine- Universität in Düsseldorf, Bernd Witte, und der ehemalige Hochschulrektor Gert Kaiser kritisierten die Entscheidung in einem Brief an die früheren Heine-Preisträger Wolf Biermann, Elfriede Jelinek, Richard von Weizsäcker und Wladyslaw Bartoszewski. Die politischen Äußerungen des Schriftstellers ließen sich mit den Positionen Heines nicht vereinbaren.

Günter Kunert, der den Heine-Preis 1985 bekam, sagte am Dienstag im Deutschlandradio Kultur, er denke darüber nach, seinen Preis zurückzugeben, sollte der Preis 2006 an Handke verliehen werden. Er begreife nicht, wie Menschen vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte mit Handke den «Barden eines Diktators» preisen könnten.

NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) nannte es am Dienstag «ein gutes Signal für die demokratische Kultur unseres Landes», dass «die Entscheidung einer geschichtsvergessenen und gegenüber den Opfern des Milosevic-Regimes unsensiblen Jury jetzt korrigiert wird». (tso/dpa)

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