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Mezzosopranistin Gala El Hadidi während ihres Auftritts.

© Kai Bienert

Ein arabisches Orchester bei Young Euro Classic: Klangbrücken

Viele kleine Schritte für die Freiheit: Das Arab Youth Philharmonic Orchestra bei Young Euro Classic.

Dieser Auftritt ist ein Triumph noch bevor die jungen Musikerinnen und Musiker auf der Bühne des Konzerthauses Platz genommen haben. Die Mitglieder des Arab Youth Philharmonic Orchestra stammen aus einem Teil der Welt, der seit Jahren unter Aufruhr und Unterdrückung, Krieg und Verwüstung leidet. Dennoch kommen sie zusammen, um zu proben, miteinander Musik zu machen, über Länder- und Religionsgrenzen hinweg. Was in ihrer Heimat schwer oder gänzlich unmöglich geworden ist, holen die Studierenden aus Ägypten, Algerien, Syrien, Tunesien, Irak, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den Palästinensischen Gebieten nun im Eiltempo in Berlin nach. Hier fand ihre Probenphase statt, das Festival Young Euro Classic und das Auswärtige Amt machten es möglich.

Ein typisch westlicher Blick aufs Podium zeigt fast genauso viele junge Frauen im Orchester wie Männer, vier von ihnen tragen Kopftücher. Trotz der unbedingt befeuernden Signale seines Dirigenten Heiner Buhlmann wirkt das Orchester überwiegend gefangen. Das liegt sicher auch daran, dass man Brahms’ Zweite einfach nicht so schnell lernen kann und dieses Meisterwerk der melancholischen Sonnenstrahlen keinerlei Schwächen verzeiht. Aber auch die mitgebrachten Kompositionen von Amir Khalef und Ali Osman gewinnen nur wenig Prägnanz, suchen nach Kontur und Rhythmus. Dennoch ist es erhellend, hier zwei ganz und gar gegensätzliche aktuelle Klangpositionen aus Ägypten erleben zu können. Beide Werke schlagen zudem eine Brücke in den Westen. Sie darf nicht abreißen, auch dafür tritt das Arab Youth Philharmonic Orchestra in Berlin auf. Und dafür gebührt ihm jeder Jubel.

Aus Kairo stammt auch die Mezzosopranistin Gala El Hadidi, die an der Semperoper engagiert ist. Sie singt Delilah und Carmen, Arie für Arie ihre eigene Stimme erobernd, in der Wiederholung der Habanera beinahe keck. Es gibt noch eine wunderschöne traditionelle Zugabe, nur für Trommel, Geige und Stimme. Und die wichtige Einsicht, dass unendlich viele kleine Schritte notwendig sind, um Freiheiten zu erlangen – in der Musik wie im Leben.

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