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Kultur: Ein Geschenk kommt selten allein

Bald am Ziel: Berlin, die Opern und der Bund

Die Bundeskanzlerin besucht den amerikanischen Präsidenten auf seiner Ranch in Texas, der Regierende Bürgermeister macht sich in der nächsten Woche auf die Reise nach New York, wo sich die hauptstädtische Kultur derzeit auf einem Festival präsentiert. Eher unwahrscheinlich, dass sich die beiden Politiker im Luftraum über dem Atlantik treffen. Eine Begegnung von Angela Merkel und Klaus Wowereit ist aber notwendig (und seit langem geplant), um zum Beispiel die Finanzierung der Berliner Opern unter Dach und Fach zu bringen.

Der Bund zögert eine Einigung hinaus. Dabei sind die wichtigsten Daten bekannt. Mit 200 Millionen Euro will sich der Bund an der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden beteiligen. Im Gegenzug wird verlangt, und das macht die Sache so schwierig, dass das Land Berlin den Etat der Staatsoper um 10 Millionen Euro aufstockt. Ein Danaergeschenk aus dem Kanzleramt: Einerseits kann der Senat die Sanierungsmittel gar nicht ablehnen, andererseits würde eine einseitige Erhöhung des Staatsopernzuschusses das Gefüge der Opernstiftung aus dem Gleichgewicht bringen. Hinzu kommt noch, dass der Bund eine „Paketlösung“ anstrebt und die Sanierungszuschüsse für die Staatsoper von Zugeständnissen des Landes in anderen Bereichen abhängig macht. Dabei wiederum geht es um hauptstadtbedingte Kosten in Verkehrs- und Sicherheitsfragen.

Die Zeit drängt. Am 6. Dezember soll der Berliner Doppelhaushalt 2008/9 verabschiedet werden. Als einzig mögliche Lösung bietet sich an, dass Berlin auch für die Komische Oper und die Deutsche Oper die Mittel anhebt. Nach den bisherigen Plänen ist allerdings eine Absenkung der Zuschüsse für die Opernstiftung von insgesamt 112 Millionen Euro auf 98 Millionen Euro im Jahre 2009 vorgesehen – was die Qualität des hauptstädtischen Opernangebots gefährdet.

Die Berliner Kulturpolitik steht unter dem Druck, aus den Vorgaben des Bundes das Beste zu machen. Die Situation dafür scheint günstig: Am Freitag hat Klaus Wowereit den Vertrag des Intendanten der Komischen Oper, Andreas Homoki, bis 2014 verlängert. Und mit der Berufung von Donald Runnicles zum künftigen Chefdirigenten der Deutschen Oper hat sich die Lage an der Bismarckstraße spürbar entspannt. Das ist die Gelegenheit, die immer wieder umstrittene und wacklige Opernstiftung zu konsolidieren und der Berliner Opernlandschaft eine Zukunft zu ermöglichen. Denn es gibt keinen vernünftigen Grund, die Staatsoper gegenüber den beiden anderen Häusern zu bevorzugen. Wie in den besten Familien: Papa Berlin muss bei der Deutschen wie der Komischen Oper ausgleichen, was Tante Bund bei der Staatsoper drauflegt.

Es steht nun auch fest, wo Daniel Barenboims Staatsoper während der Renovierung ihr Ausweichquartier nehmen wird: im Schillertheater. Die Staatsoper wird damit – voraussichtlich ab 2010 – in die unmittelbare Nachbarschaft der Deutschen Oper ziehen. An der Bismarckstraße entsteht dann für einige Zeit ein Opernboulevard, und das kulturell seit der Wende ausgeblutete West-Berlin erfährt einen neuen Aufschwung.

Die Entscheidung für das Schillertheater wird damit begründet, dass sich das ehemalige Gebäude der 1993 liquidierten Staatlichen Schauspielbühnen in Landesbesitz befindet. Der Umzug ist aber auch mit Kosten verbunden. Am Dienstag will der Senat Investitionsmittel in Höhe von 23 Millionen Euro beschließen, damit wird das Schillertheater für den Opernbetrieb hergerichtet. Weitere drei Millionen Euro werden in Baumaßnahmen gesteckt, die dem Ballett an der Deutschen Oper zugutekommen. Man glaubt es ja kaum. Ein gutes Ende des ewigen Operndramas scheint nah. R. S.

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