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Langsam, aber gewaltig: Eric Clapton.

© dpa

Ein Gitarrengott feiert Geburtstag: Slowhand jagt den Blues

Große Liebe, bittere Tragödie: Eric Clapton wird am Montag 70 Jahre alt.

Von Jörg Wunder

Eric Clapton war nicht immer der aristokratisch wirkende Gentleman mit tadellosen Manieren, der heute bei Konzerten oder Grammy-Verleihungen (er hat 20 von den Trophäen zuhause) zu bestaunen ist. In jungen Jahren hat es der im südbritischen Surrey geborene Spross einer alleinerziehenden Mutter ganz schön krachen lassen. Zum Beispiel indem er mal seinem besten Freund, einem Ex-Beatle, die Frau ausspannte. Die Dimension seines Verrats war ihm bewusst, vielleicht hat er auch deshalb einen Song namens „Layla“ darüber geschrieben, der sein schönster und rührendster wurde. Es war auch eine große Liebe, obwohl sie dann gar nicht so lange hielt. Jedenfalls nicht so lange wie die Freundschaft zwischen Clapton und George Harrison.

Die Siebziger waren Claptons beste und schlimmste Zeit. Lange war er ein Drogenwrack, das dem Exitus wohl eher durch Glück entging. Aber es waren auch Jahre, in denen der Musiker Eric Clapton voll erblühte. Schon Mitte der Sechziger war klar, dass hier einer der besten Gitarristen seiner Generation heranreifte, der die Emotionalität des Blues mit dem Energielevel der noch jungen Rockmusik zu vermählen wusste. Nachdem ihm für sein Mittun bei den Yardbirds und John Mayall’s Bluesbreakers erste Lorbeerkränze geflochten worden waren, durfte er in der Supergroup Cream im Duell mit den Instrumentalberserkern Ginger Baker und Jack Bruce zeigen, was für ein Feuerwerker auf sechs Saiten er geworden war.

Dummerweise kam in den späten Sechzigern auch jemand in Mode, der Virtuosität und Expressivität neu definierte. Und ganz ehrlich: Jimi Hendrix’ Einminutensolo in „All Along The Watchtower“ ist aufregender als alles, was Eric Clapton in viertelstündigen Improvisationen aufs Griffbrett zauberte. Aber Clapton hat seine Lehren daraus gezogen. Seine Soli bei der kurzlebigen Retorten-Superband Blind Faith wirkten schon dezenter, und bei den ersten Soloalben blieb seine „Slowhand“ oft im Hintergrund der Arrangements versteckt. Dafür hatte Clapton seine Stimme entdeckt. Sie machte den Unterschied, sonst wäre er wohl nur ein weiterer Gitarrenheld geblieben. Böse Zungen behaupten zwar, Clapton hätte nicht nur zwei seiner größten Hits („After Midnight“ und „Cocaine“), sondern auch seinen unaufgeregte, vernuschelten Gesang vom 2013 verstorbenen J.J. Cale geborgt. Doch erstens verdiente Cale gut an den Tantiemen, und zweitens bewies Clapton auch sonst ein feines Gespür. Etwa, indem er 1974 ein Lied des damals noch wenig bekannten Bob Marley coverte und zum US-Nr.1.-Hit machte: „I Shot The Sheriff“.

Es ist typisch für Claptons Laufbahn, dass auf große Erfolge magere Jahre folgten. Aber irgendwann spielte es keine Rolle mehr, ob sich seine Platten gut verkauften, da er in der Klasse der globalen Superstars angekommen war. Ein Superstar spielt immer vor ausverkauften Rängen, egal ob er mit Kumpel Phil Collins eine öde Synthie-Bluesrockplatte oder die mit 20 Millionen Exemplaren meistverkaufte Aufnahme der MTV-Unplugged-Reihe veröffentlicht. Schon seit längerem konzentriert sich Clapton, der nach mehreren Schicksalsschlägen mit seiner zweiten Frau ein spätes Familienglück gefunden hat, auf das Verwalten seines musikalischen Erbes, was Huldigungen an Helden wie die Blueslegende Robert Johnson einschließt. Es könnte schlechtere Beschäftigungen für einen großartigen Musiker geben, der am Montag seinen 70. Geburtstag feiert.

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