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Kultur: "Ein heißer Coup": In dem Gangstermärchen ist Paul Newman der große Star - aber Linda Fiorentino spielt die spannendere Rolle

Sie sieht ein bisschen aus wie das Sterntaler-Mädchen: Lachend steht sie im Dollarnoten-Regen, den sie mit ausgebreiten Armen empfängt. Sicher spannt sie gleich ihren Rock auf, um die Scheine zu fangen.

Sie sieht ein bisschen aus wie das Sterntaler-Mädchen: Lachend steht sie im Dollarnoten-Regen, den sie mit ausgebreiten Armen empfängt. Sicher spannt sie gleich ihren Rock auf, um die Scheine zu fangen. Rechts von ihr thront ein riesiger alter Mann und grinst zufrieden. Die Botschaft des Plakats von "Ein heißer Coup" ist eindeutig: Er, Paul Newman, macht sie, Linda Fiorentino, mit viel Geld glücklich.

Das stimmt aber bestenfalls zur Hälfte. Zwar ist Newman eindeutig der größere Star in diesem Film von Marek Kanievska. Aber Fiorentino hat für die Geschichte die wichtigere Rolle: Sie spielt Carol, die als Krankenschwester in einem Altenheim arbeitet. Das langweilt sie, genau wie ihre Ehe mit dem gut aussehenden Wayne (Dermont Mulroney). Eines Tages wird der völlig apathische Schlaganfallpatient Henry Manning im Rollstuhl bei ihr eingeliefert - verlegt aus dem Gefängniskrankenhaus. Carol findet heraus, dass er ein berühmter Bankräuber ist und wird misstrauisch. Was, wenn er nur simuliert? Mit allen Mitteln versucht sie, ihren Verdacht zu bestätigen. Als selbst ein erotischer Tanz nicht hilft, wird sie rabiat: Bei einem Picknick stößt sie den Rollstuhl samt Henry in einen See. Es funktioniert - Henry rührt sich.

Diese ersten fünfzehn Minuten des Films bestreitet Fiorentino praktisch allein. Newman sitzt die ganze Zeit nur gekrümmt und bewegungslos herum. Nicht mal seine blauen Augen sind richtig zu erkennen. Aber das macht eigentlich nichts, denn Carol und die zauberhaften alten Damen aus dem Heim sind unterhaltsam genug. So wirkt Henry fast störend, als er nach seiner Wiederbelebung erstmal einen langen Monolog hält und dann auch noch mit Carol tanzt. Newman versucht aufzuholen. Doch Fiorentinos Vorsprung ist zu groß.

Carol behält auch weiterhin die Zügel in der Hand: Sie ist es, die Henry zu einem gemeinsamen Geldtransporter-Raub anstiftet. Sie ist es, die ihren Mann überzeugt mitzumachen und sie ist es, die im entscheidenden Moment die Pistole zieht.

Mit dieser Rolle verkörpert Linda Fiorentino einen Frauentypus, den sie schon einmal in John Dahls "Die letzte Verführung" (1994) dargestellt hat: zielstrebig, sexy, kriminell und in erster Linie am Geld interessiert. Männer werden dabei gezielt benutzt. Damals war der Charakter allerdings noch offensiver angelegt, so dass es sehr überraschte, dass sie letztlich davon kam.

Auch diesmal gibt es am Ende noch eine spektakuläre Wendung. Die zunächst angedeutete erotische Konnotation der Beziehung zwischen Henry und Carol wird nicht weiter verfolgt. Dass da nichts laufen kann, ist eigentlich klar: Carol trägt ihren Ehering nicht am Finger, sondern an einem Kettchen um den Hals - ein auffälliges Bekenntnis zu ihrem Mann. Dabei macht auch Newman eine gute Figur: Nicht aufgesetzt fit, sondern kraftvoll in sich ruhend lächelt er sich durch den Film. Er sieht zehn Jahre jünger aus, als er eigentlich ist - 75 Jahre. Wenn er aber wütend wird, wirkt sein furchiges Gesicht besonders markant. So selbstverständlich und elegant geht derzeit nur noch Revolverheld Clint Eastwood mit seinem Alter vor der Kamera um.

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