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Kultur: Ein Innenleben, wild und ungezähmt

Der Bildhauer Klaus Hack im Georg-Kolbe-Museum und eine Sparidee des Senats VON KATRIN BETTINA MÜLLER"Gottswald", "Füssen Aach", "Im Dunkeln suchen", "Neugier Lochgraber": Schon die Titelpoesie von Klaus Hack riecht nach Bergen, Wald und Märchen.Aus Bayreuth stammt der Bildhauer, der sein in Nürnberg begonnenes Studium 1995 an der HdK Berlin abschloß.

Der Bildhauer Klaus Hack im Georg-Kolbe-Museum und eine Sparidee des Senats VON KATRIN BETTINA MÜLLER

"Gottswald", "Füssen Aach", "Im Dunkeln suchen", "Neugier Lochgraber": Schon die Titelpoesie von Klaus Hack riecht nach Bergen, Wald und Märchen.Aus Bayreuth stammt der Bildhauer, der sein in Nürnberg begonnenes Studium 1995 an der HdK Berlin abschloß.Allerleirauh, die sich im hohlen Baum versteckte, Rumpelstilzchen, dessen Bart im gespaltenen Stamm festklemmte und weitere Waldgeister werden zwischen seinen ausgehöhlten Stämme lebendig. Ihr Innenleben ist wild und ungezähmt, grob sind die Spuren des Heraushauens, rauh zersplittert die Flächen: Man blickt in einen gewaltsam geöffneten Organismus.Zusammen hält das aufgerissene Volumen die schwarze Bemalung der durchbrochenen Außenhaut, die glatt und graphisch strukturiert ist.Die in der Betrachtung der Skulpturen immer nur teilweise zu erfassenden Formen biegt Hack zur Fläche auf, indem er die Stämme als Drucktrommeln nutzt.Die großformatigen Holzschnitte begleiten seine Skulpturen im Georg-Kolbe-Museum.In der Abrollung wiederholt sich das Motiv und wird zum rhythmischen Fries auf- und abtanzender Formen, die sich winden, ranken, durchdringen - kurz: ein Spektrum des Lebendigen umfassen. Die Skulptur als Druckstock: Dieser Kunstgriff betont den Arbeitsprozeß, der eines aus dem anderen hervorgehen läßt.Mit dieser Abweichung von der Skulptur als Schlußpunkt der Entwicklung endet die erste Staffel zeitgenössischer Künstler, die das Kolbe-Museum in seinem Anfang des Jahres eröffneten Erweiterungsbau vorstellte. Dem gegenständlichen Skulpturbegriff wurden Konzepte der Raumerfahrung gegenübergestellt.Schon die Wände und schwebenden Türme aus Reispapier von Zhu Jinshi und die klingenden Akzente, die Quin Yufen in den beiden neuen Hallen setzte, ließen die ständige Transformation des Materials erfahren.Sie bezogen ihre Spannung nicht zuletzt aus dem Standort, der sachlichen Architektur des ehemaligen Atelierhauses und dem Gegensatz zu der Skulpturen-Sammlung. Doch die Aussicht, mit dem 5 Millionen DM teuren Anbau eine neue Bühne für spannende Auseinandersetzungen zwischen klassischer Skulptur und ihrer gegenwärtigen Auflösung gewonnen zu haben, wird derzeit heftig getrübt durch eine Zeile aus der "Diskussionsvorlage zum öffentlich geförderten Kulturangebot in Berlin" des Senats für Kultur, Wissenschaft und Forschung.Dort stand lapidar: "z.B.Prüfung eines Verbundes Berlinische Galerie und Georg-Kolbe-Museum)." Von dieser Idee überrumpelt, las Ursel Berger, seit 1978 Direktorin des von einer privaten Stiftung getragenen Museums, in der Presse schon von der Einsparung ihrer Institution, bevor sie überhaupt Luft holen konnte.Zur Zeit liegen beim Senat erste Positions-Papiere von Jacob Kraetzer, dem langjährigen Vorstand der Kolbe-Stiftung, die Eigentümer des Museums ist, und von Jörn Merkert, dem Direktor der Berlinischen Galerie, vor.Mit 145.000 DM (1996) bis 195.000 DM (1995) ist die Skulpturen-Sammlung der kleinste Subventionsempfänger unter den Berliner Museen.Das Defizit der rund 100.000 DM, die für ein aktuelles Programm fehlen, auf die Berlinischen Galerie abzuwälzen, hält Merkert für einen schlechten Witz. Mit kleinem Etat ist es Ursel Berger in den achtziger Jahren gelungen, die museale Pilgerstätte für Kolbe-Fans in ein Museum der figürlichen Bildhauerei umzuwandeln, das von der Jahrhundertwende bis in die vierziger Jahre die Erschütterungen des Menschenbildes bis in seine Wurzeln verfolgt.Von Ideologien in Dienst genommen, war die figürliche Skulptur lange in eine Schattenzone der Kunstgeschichte abgerutscht, die sich kaum mehr um Differenzierungen bemühte.Dort setzte das Kolbe-Museum erfolgreich an. Derweil die Verhandlungen auf "Chefebene" zwischen Merkert und Kraetzer erst beginnen, übt Ursel Berger tapferen Zweckoptimismus.Es könne doch wohl nur um eine Absicherung, nicht um eine Vereinnahmung des Kolbe Museums gehen.Sie kann sich eine Kooperation mit der Berlinischen Galerie durchaus sinnvoll vorstellen: Sowohl mit den Skulptur-Beständen des Landesmuseums zu arbeiten als auch von dort konzipierte Ausstellungen im Kolbe-Museum zu zeigen, verspräche inhaltliche Bereicherung.Zudem bietet die dortige Infrastruktur mit Restaurationen, Presse und Fotograf Chancen, das Kolbe-Museum effektiver in der Öffentlichkeit zu präsentieren.Gemeinsam könnten neue Wege erschlossen werden, Sponsoren zu interessieren. In einem stimmen Berger und Merkert überein: Den fehlenden Etat kann man auf diese Weise nicht herbeizaubern.Bergers Konzept für 1997 berührt die Diskussion glücklicherweise wenig: Für fünf von sieben Ausstellungen ist die Finanzierung gesichert.Aus Anlaß des 120.Geburtstages von Kolbe liegt der Akzent auf Motiven seiner Zeit.Ausstellungen zur Wiederkehr des antiken Athletenbildes, zur Begeisterung der Berliner Künstler über die Kulturimporte der Balletts Russes und zu den Kunstkritiken von Rainer Maria Rilke, der, von bildender Kunst ergriffen, sein eigenes Leben in Frage stellte, versprechen ein Programm der inneren und äußeren Bewegung.

Georg-Kolbe-Museum, Sensburger Allee 25, bis 12.Dezember, Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr.

KATRIN BETTINA MÜLLER

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