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Kultur: Ein Meister aus Deutschland

"Eine Ausstellung, an der sich junge Künstler messen müssen. Bitte um Rückruf", schreibt der Galerist als Gruß auf die Pressemitteilung.

"Eine Ausstellung, an der sich junge Künstler messen müssen. Bitte um Rückruf", schreibt der Galerist als Gruß auf die Pressemitteilung. Gerhard Hoehme? Vor zwölf Jahren starb der damals fast 70-jährige tachistische Maler, der in den sechziger Jahren begann, Materialien wie Schnüre oder Schläuche in seine Bildwerke zu integrieren. Doch an Nothelfers selbstbewusster Einschätzung ist etwas dran: Tatsächlich beeindruckt die Übersichtsausstellung, die der Galerist in enger Kooperation mit der Witwe des Malers zusammengetragen hat. Denn "Informel" beschreibt nur einen Aspekt dieser lichten, offenen Gemälde, die sich auf keine Dimension reduzieren lassen. Seine Inspiration fand Hoehme im Vorgefundenen: in Karopapier, Damasttischdecken oder Schnittmustern, dessen wirre Linien bei Hoehme wie wissenschaftliche Studien erscheinen. Neben der kraftvollen Farbe beherrscht die Linie Hoehmes Arbeit, sei sie als skriptograles Element direkt auf die Leinwand gesetzt oder als sich verselbständigendes Element, das aus dem Bild heraustritt.

Obwohl die poetischen Titel der Werke zunächst an Paul Klee erinnern, sind es vielfach Zitate Celans, den der Künstler in den fünfziger Jahren kennenlernte. Beide hatten den Krieg überlebt, und es gab eine Art geistiger Verwandtschaft zwischen den so unterschiedlichen Männern, die sich im Rätselhaften und Antirhythmischen Hoehmes widerspiegelt. Vielleicht auch im ebenso dunklen wie feinen Humor des Malers, der heute noch in Werken wie der "Loreley" (1967, 90 000 Euro) lebendig ist: als leuchtend-buntes Polyäthylenschnüregewirr hängt sie hoch oben an der Ausstellungswand. Wie hatte Hoehme einmal treffend notiert? "Bilder entstehen nicht auf der Leinwand - sondern im Menschen."

Katrin Wittneven

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