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Verwegen. Don Van Vliet alias Captain Beefheart.

© picture-alliance / KPA/TopFoto

Ein Nachruf auf Captain Beefheart: Don Van Vliet: Die unerhörte Stimme

Rock-Legende aus der Welt Frank Zappas: Zum Tod von Don Van Vliet alias Captain Beefheart.

„Was ist eigentlich aus Captain Beefheart geworden?“ Immer wieder hatte man sich diese Frage gestellt, wenn man in den letzten Jahren eines seiner bahnbrechenden Alben anhörte: „Safe As Milk“ (1967), „Trout Mask Replica“ (1969), „Lick My Decals Off, Baby“ (1970), „Shiny Beast“ (1978). Diese wegweisende Musik, diese einzigartige Mischung aus Blues, Soul, Doo-Wop, Garagenrock, Jazz, Indian Chants, atonalen Klängen, komplexen Rhythmen, freien Tönen, surrealistischer Poesie, Spoken Word. Beherrscht von der unerhörten Stimme Captain Beefhearts, die vom tiefen Heulen und Grummeln sich über Krächzen und Krähen aufschwingen konnte bis in die höchsten Falsett-Höhen. Ein herausragender Musiker, dem wegen seiner „Schrägheiten“, die in keinen Rahmen passten, nie der ganz große Erfolg vergönnt war, den er eigentlich verdient hätte. Captain Beefheart aber, der bis heute höchst einflussreich blieb – Tom Waits ist eines der prominentesten Beispiele – hatte sich nach Veröffentlichung seines letzten Albums „Ice Cream For Crow“ im Jahr 1982 völlig von der Musikszene verabschiedet.

Was war aus Captain Beefheart geworden? Er hatte sich zurückgezogen in einen Wohnwagen in der Mojave-Wüste und malte. Seine abstrakten, primitiven, expressionistischen Werke, die gelegentlich mit den Arbeiten von Francis Bacon verglichen wurden, erschienen auf Ausstellungen, seine Gemälde erzielten Verkaufspreise bis zu 25 000 Dollar. 1990 verschwand er ganz aus der Öffentlichkeit. Es hieß, Captain Beefheart habe Multiple Sklerose und sitze im Rollstuhl.

Frank Zappa war es, der ihm den Namen gab: Captain Beefheart, der eigentlich als Donald Vliet geboren wurde am 15. Januar 1941 im kalifornischen Glendale, der sich später Van Vliet nannte, schließlich Captain Beefheart, galt als eine Art Wunderkind, als er schon in der Kindheit mit seinen außerordentlichen bildhauerischen Talent auf sich aufmerksam machte. Mit dreizehn Jahren wurde ihm ein Künstlerstipendium in Europa angeboten, was seine Eltern allerdings ablehnten.

Vliet blieb in Kalifornien, wo er sich mit dem jungen Frank Zappa anfreundete, sie einen gemeinsamen Film planten mit dem Titel „Captain Beefheart Meets the Grunt People“. Aus dem Film ist nichts geworden, aber Don Van Vliet hatte einen neuen Bühnennamen: Captain Beefheart. Er spielte Saxofon und Mundharmonika und gründete 1964 seine „Magic Band“, hatte einen ersten Erfolg mit der Single „Diddy Wha Diddy“. Die Veröffentlichung eines Albums aber wurde von seiner Plattenfirma als zu negativ und unkommerziell verworfen.

Da zog sich der Captain ein erstes Mal enttäuscht aus dem Musikgeschäft zurück. 1967 nahm er mit Ry Cooder als jungem Gitarristen die abgelehnten Songs noch einmal neu auf für das exzellente Rhythm & Blues-Album „Safe As Milk“. Sein Meisterwerk schuf er zwei Jahre später mit „Trout Mask Replica“, nachdem ihm sein alter Freund Frank Zappa die Veröffentlichung auf seinem eigenen Label Straight Records anbot und Van Vliet dabei alle künstlerischen Freiheiten einräumte. „Trout Mask Replica“ mit einer bislang ungehörten Mixtur aus den unterschiedlichsten musikalischen Ingredienzen gilt bis heute als eine der aufregendsten Platten der Rockgeschichte. Das amerikanische Musikmagazin „Rolling Stone“ plazierte im Jahr 2003 das exzellente Werk auf Nummer 58 der „500 besten Alben aller Zeiten“.

Nach ein paar weiteren Alben, die etwas leichtgewichtiger waren, doch rückblickend nicht so schlecht wie die Kritiken darüber, kehrten Captain Beefheart und eine neuerstandene Magic Band 1978 mit dem Album „Shiny Beast“ zu den schönen alten Schrägheiten und damit auch zur alten Form zurück. Auch wenn er dann verstummte: Captain Beefheart war einer der bedeutendsten Neuerer der Rockmusik, und seine Platten von damals klingen viel besser und neuer als vieles Neue von heute. – Am Freitag starb Don Van Vliet im Alter von 69 Jahren in einem nordkalifornischen Krankenhaus an Komplikationen im Zusammenhang mit seiner Multiplen Sklerose.

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