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Kultur: Ein Trio aus Bremen im Crossover-Land

Obwohl sie ihr aktuelles Programm schlicht "Musik" nennen, spielen Texte - inhaltlich surreal und sprachlich banal - eine Rolle im Konzept der "Feinen Herren", die am Montag im b-flat gastierten. Die Zeile "Fein sein heisst frei sein" darf getrost programmatisch verstanden werden, denn was das Trio aus Bremen umtreibt, ist persiflierendes Wildern in scheinbar unvereinbaren Pop-, Rock- und Jazzwelten, mit Hang zu Weillschen Dissonanzen.

Obwohl sie ihr aktuelles Programm schlicht "Musik" nennen, spielen Texte - inhaltlich surreal und sprachlich banal - eine Rolle im Konzept der "Feinen Herren", die am Montag im b-flat gastierten. Die Zeile "Fein sein heisst frei sein" darf getrost programmatisch verstanden werden, denn was das Trio aus Bremen umtreibt, ist persiflierendes Wildern in scheinbar unvereinbaren Pop-, Rock- und Jazzwelten, mit Hang zu Weillschen Dissonanzen. "Crossover" heißt sowas heutzutage, aber das klingt bei dieser Gruppe fast zu modern. Und weil die Chaoten nach Noten ihr Handwerk perfekt beherrschen - jeder von ihnen spielt mehrere Instrumente - wimmelt es von komplizierten Brüchen und kunstvollen Verfremdungen. Das ist streckenweise so anstrengend wie richtige Kunst, oft witzig wie musikalisches Kabarett, hie und da taugt es gar zum richtig genussvollen Lauschen. So, wenn eine "Zwangspause" Unruhe im Publikum provoziert: Grinsebacke H.C.Klüver verlässt seinen Stammplatz hinter den Drums, um Feine-Herren-Devotionalien aus einem Bauchladen feilzubieten, derweil Mark Scheibe, strähnenumrankter Kopf der Truppe, mit wohltemperierten Swingfingern den Flügel bedient. An Schlagwerk, Klarinette oder Saxofon begleitet ihn Jan Fritsch - wenn er, etabliert als verdruckster Möchtegern-Pyromane, sich nicht grad mal wieder eine Gitarre ansteckt. In ihrer Unberechenbarkeit sind die Bremer Spassmusikanten entfernte Verwandte anarchisch geneigter Virtuosen wie Frank Zappa, Helge Schneider, Ars Vitalis. Freilich ziehen fahrige Experimente in willentlich zerfransten Shows nur unter ganz besonderen Bedingungen mehr als eine Hand voll exorbitanter Zuhörer. Wer nicht aus der Lameng überzeugt, muss halt an den Pointen feilen und die Dramaturgie präzisieren; das Potential ist auf jeden Fall dicke vorhanden. Außer natürlich, es reicht einem, der Lokalstar unter Bremer Kumpels zu sein.

Norbert Tefelski

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