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Kultur: Eine Krankheit

Peter Zadek über Berlins Theaterschwund

Der Tod der Berliner Kultur fing mit der Schließung des Schiller Theaters an. Es war das „National Theatre“ von Deutschland, und es war natürlich auch manchmal schlecht. Die extreme Dummheit der Berliner Behörden, die ihresgleichen in Deutschland nicht hat, meinte: Ein Theater weniger kostet weniger Subvention. Mittlerweile ist alles noch viel schlimmer geworden. Die einmal weltberühmte Berliner Schaubühne ist zum Berliner Kindergarten geworden. Das Deutsche Theater ist der klägliche Ersatz für das früher viel gemischte, aber spannende Schiller Theater. Das Konzepttheater von Castorf blüht bei immer weniger Publikum, und jetzt sind wir soweit, dass die einzigen echten Boulevard-Theater in Deutschland, das Theater am Kurfürstendamm und die Komödie, von den Managern geschlossen werden. Und natürlich wird, wie es immer bei Theatern ist, kein Ersatz gefunden, und wenn er gefunden werden würde, wäre er nicht erfolgreich.

Die siebziger Jahre in Deutschland waren ein einmaliger Höhepunkt, sowohl im großen als auch im kleinen Theater. So viel Begabung auf einmal war fast schon zu viel. Aber ab den achtziger Jahren ersetzte auch in Deutschland Geldgier die Kultur. Am sichtbarsten kann man es heute in Berlin erkennen. Diese Krankheit wird sich wie die Grippe über ganz Deutschland ausbreiten. Man kann gespannt darauf sein, ob die große Koalition sich mehr für Kultur interessiert, als es die SPD getan hat.

Peter Zadek, 79, inszeniert zur Zeit in Hamburg am St. Pauli-Theater „Bitterer Honig“ von Shelagh Delaney mit Julia Jentsch und Eva Mattes. Premiere am 11. 2.

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