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Kultur: Einer, der sich selbst spielt

Ein Schauspieler, der einen Schauspieler ohne Engagement spielt und deshalb bei der Polizei mitwirkt; ein Unternehmer, der einen Unternehmer spielt, bis der Schauspieler ohne Engagement nach dem (gespielten) Tod des (gespielten) Unternehmers dessen Rolle übernimmt: in einem Film, der über Beno¬¤t Blanc, den (gespielten) Unternehmer gedreht werden soll.Deshalb sind die erste und die letzte Szene fast identisch.

Ein Schauspieler, der einen Schauspieler ohne Engagement spielt und deshalb bei der Polizei mitwirkt; ein Unternehmer, der einen Unternehmer spielt, bis der Schauspieler ohne Engagement nach dem (gespielten) Tod des (gespielten) Unternehmers dessen Rolle übernimmt: in einem Film, der über Beno¬¤t Blanc, den (gespielten) Unternehmer gedreht werden soll.Deshalb sind die erste und die letzte Szene fast identisch.Nur daß jetzt der Schauspieler Fabrice Luchini mit der fabelhaften Blonden zu Tisch sitzt, mit der in der ersten Szene der Multimillionär Bernard Tapie speist, weil der mit ihr ins Bett gehen will.Er macht sie an, indem er ihr erzählt, wie er es mit den Frauen hält, mit den wenigen "wesentlichen" und den vielen, die ihm, "etwas über die Frauen beigebracht haben".

Tapie ist in Frankreich eine öffentliche Persönlichkeit, nicht nur weil er einer der reichsten Männer des Landes ist - oder war, wie auch Abgeordneter der Nationalversammlung und Minister unter seinem Freund Mitterrand -, sondern auch Präsident des Fußballclubs "Olympique Marseille", für den er ein Spiel gekauft haben soll, damit "Olympique" zum fünften Mal französischer Meister werden konnte.Die Geschichte Tapies ist die Geschichte eines Aufsteigers aus kleinsten Verhältnissen, eines reichen, links orientierten Amateurpolitikers und ein einziger Skandal.Seit Jahren jagen sich die Prozesse, in die er verwickelt ist, wobei es fast immer nur noch um das Strafmaß geht.

So waghalsig bis zum Hasardspiel wie dieser Tapie - der sich selbst spielt, und er spielt sich gut - ist der Filmemacher Claude Lelouch allemal.Auch er ein Unternehmer bis an die Grenze zum Bankrott, der sich aber noch immer am eigenen Zopf aus dem Schlamassel gezogen hat.Dazu soll der Film "Männer und Frauen, die Gebrauchsanleitung" beitragen, und das sieht man ihm auch an.Er ist zwei Stunden lang und enthält überraschend wenige der extravaganten Kamera-Allotrias, für die der Bildernarr Lelouch bekannt ist.Komplette philosophische Gespräche, bei denen es auch um Pascal und seine berühmte Wette geht, finden in leeren Restaurants statt, die Beno¬¤t Blanc für diesen Abend gekauft hat.

Oder auf langen Autofahrten.Da hat Blanc schon den arbeitslosen Schauspieler Fabio Lini kennengelernt - den von der Polizei -, weil beide magenkrank sind und sich gegenseitig der scheußlichen Magenspiegelung unterziehen müssen.Wobei Dr.Alex Nitez sich ein sadistisches Vergnügen daraus macht, den prominenten Milliardär so ausführlich wie nur möglich zu untersuchen.Dr.Alex Nitez, muß man dazu wissen, ist eine Frau aus der zweiten Kategorie, eine also, die einst dazu auserkoren war, Beno¬¤t Blanc "etwas über die Frauen beizubringen".

Lelouch nennt seinen Film "eine inhumane Komödie", und so inhuman geht es weiter, daß Dr.Nitez dem kerngesunden Blanc die nach Krebs klingende Diagnose des Schauspielers Lini zuschusterte, während sie diesem Hypochonder unentwegt bestätigen muß, daß er sich keine Sorgen zu machen brauche.Womit sich die schöne Alex dem Bett ihres Chefarztes ausliefert, dem sie ihre Manipulation nicht lange verheimlichen kann.Unterdessen fliegt Blanc in seinem Hubschrauber - und er ist ein tollkühner Pilot - zusammen mit dem Freund, dem Schauspieler, nach Lourdes, wo sich der für seine überraschende Heilung bedanken will und Blanc bei einer Nachuntersuchung erfährt, was für den Zuschauer keine, für ihn eine nach Marienwunder aussehende Sensation ist.Bei einem Absturz auf dem Rückflug kommt er um.

Er ist so zynisch, dieser Film mit der "Gebrauchsanleitung", als wäre er von Billy Wilder, und unerbittlich ist er gegen alle - wobei die Frauen immer ein Stück besser abschneiden.Kein Wunder bei den so ziemlich schönsten Frauen, die das französische Kino aufzubieten hat: Alessandra Martines, Caroline Cellier, Anouk Aimée, Ophélia Winter und Salomé Lelouch.Ihr ist die Rolle eines 13jährigen Mädchens zugefallen, das während des ganzen Films auf der Suche nach einem Jungen bleibt, den sie einem Zug kennengelernt hat.Daß sie sich wiederfinden, obwohl sie gegenseitig falsche Spuren ausgelegt hatten, ist ein Zufall - und eine wunderbare, ganz und gar französische Liebesgeschichte.Wie alles andere auch.

In Berlin im Cinema Paris (auch Originalversion) und im Kino Scala

PETER W.JANSEN

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