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Kultur: Einer wird gewinnen

"Unsere Großeltern, die hatten noch richtige Probleme", sagt Annie, Rechtsanwaltstochter von der Upper East Side, über einem gepflegten Abendessen bei Freunden. "Die haben zwei Kriege erlebt und mussten sich Sorgen um die nächste Mahlzeit machen.

Von Susanna Nieder

"Unsere Großeltern, die hatten noch richtige Probleme", sagt Annie, Rechtsanwaltstochter von der Upper East Side, über einem gepflegten Abendessen bei Freunden. "Die haben zwei Kriege erlebt und mussten sich Sorgen um die nächste Mahlzeit machen." Wir Nachgeborenen dagegen, wir zerbrechen uns den Kopf über unser Aussehen und unser Körpergewicht und quasseln nur noch. Endlos, atemlos, als würde unser Leben davon abhängen. Und worüber? Über Beziehungen.

Willkommen in Manhattan! "Seitensprünge in New York" ist ein Film in schönster Woody-Allen-Manier. Drei Männer und drei Frauen treffen sich, versuchen es miteinander, betrügen sich, können sich nicht entscheiden, trennen sich. Zwischendurch geben sie Interviews über die Liebe und warum sie nicht funktioniert. Am Ende gibt es eine Scheidung, ein verliebtes Paar, ein vaterloses Baby, einen hoffnungsvollen Anfang. Autor, Regisseur und Darsteller Edward Burns erzählt lakonisch, witzig und wortreich, was alles schief gehen kann in Großstadtbeziehungen - und das ist, wie wir wissen, eine Menge. "Das Risiko, dass einem das Herz gebrochen wird, ist der Preis für die Chance, dass es vielleicht klappt", sagt er als Tommy, der die Richtige sucht, aber nicht findet. Und was macht man, wenn man sich gefunden hat, aber im Bett nichts mehr läuft?

Bricht wirklich die Welt zusammen, wenn jemand fremd geht? Oder stellen sich die Betrogenen nur an?

"Ich habe eine sehr europäische Einstellung zur Ehe", sagt Annies Mann Griffin und meint damit interessanterweise, dass er es mit der Treue nicht so genau nimmt. Er ist ein echtes Riesenarschloch, das zum alleinigen Zweck der Selbstbestätigung seine Frau betrügt und belügt und seine Geliebte mit fadenscheinigen Trostpflästerchen abspeist. Gespielt wird er von Stanley Tucci, der wie immer eine energiegeladene Darstellung liefert, als stehe er unter Strom. Dagegen setzt Heather Graham als leicht verklemmte, wohlerzogene Annie einen schönen Kontrast.

Überhaupt schaut man dem Ensemble gerne zu. Wenn der Film ein Problem hat, dann ist es seine streckenweise Langatmigkeit. Zwei Stunden dauert er, das ist etwas zu lang für das, was er zu sagen hat. Gelegentlich nehmen die Worte überhand, da möchte man mehr Taten sehen oder mal über was anderes nachdenken als über Beziehungen. "Es gibt doch noch andere Dinge, die zählen", sagt Annie. Doch dann fallen ihr keine vernünftigen Beispiele ein.

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