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Der Dirigent Cornelius Meister.

© Marco Borggreve

Einspringer beim DSO: Himmelsklang

Cornelius Meister springt beim Deutschen Symphonie-Orchester ein und begeistert mit Mahlers Dritter in der Philharmonie.

So ein Pech für Robin Ticciati! Gleich zwei Programme hintereinander muss der neue Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters krankheitsbedingt absagen. Zwei Gelegenheiten weniger für den jungen Briten, dem Publikum zu zeigen, wohin die künstlerische Reise mit dem DSO gehen soll. Vor zwei Wochen sprang todesmutig Eduardo Strausser ein, am Tag des Konzerts selber. Dem nun als Ersatzmann für Gustav Mahlers Dritte engagierten Cornelius Meister stand immerhin die komplette Probenzeit zur Verfügung. Für eine extrem anspruchsvolle Kombination allerdings, die sich Ticciati ausgedacht hatte: Der 100-Minuten-Mammutsinfonie Mahlers in der Philharmonie ist Toshio Hosokawas 2012 für die japanischen Tsunami-Opfer entstandene „Meditation“ vorangestellt.

Cornelius Meister, Jahrgang 1980 und seit sieben Jahren Chef des österreichischen DSO-Pendants, des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien, zeigt keinerlei Nervosität, durchmisst die sinnlich-geräuschhaften Assoziationsräume Hosokawas mit größter Selbstverständlichkeit und geht dann attacca zu Mahler über. Wo andere Dirigenten das Zerklüftete, ja Felsige des Kopfsatzes betonen, herrscht bei Meister sofort frühlingshafte Atmosphäre. Alles knospt, drängt kraftvoll ans Licht, Naturlaute mischen sich problemlos mit Volks- und Marschmusik.

Das Handfeste hat hier Methode. Auf der weiten Flur dieser Partitur definiert sich der Maestro als Feldherr, der im Gewimmel der Themen und Motive den strategischen Überblick behalten muss. Was dem geschmeidig übers Podium tänzelnden Dirigenten glänzend gelingt: Enorm die Souveränität, mit der er den Blick fürs Ganze wahrt und so das ausufernde Opus unter einem weiten Spannungsbogen zusammenzwingt.

Die ersten drei Sätze sind ein einziges Pulsieren und Anschwellen. Dann folgt der Umkehrpunkt, in der Nietzsche-Reverenz „O Mensch“, die Karen Cargill mit fokussiertem Mezzosopran gestaltet. Der fünfte Satz mit den Engelsstimmen wird zum Gänsehautmoment des Abends, im himmlischen Zusammenklang der Knaben des Staats- und Domchors mit den Damen des Rundfunkchors. Und dann verströmt sich das Finale in einem betörenden Instrumentalgesang, den das DSO bis zur bombastisch-prächtigen Apotheose erblühen lässt. Dankbarer Jubel.

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