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Kultur: Emotionale Extreme

"Ist das nicht zum Heulen schön?" soll Hugo Wolf ausgerufen haben, nachdem er einmal Eduard Mörikes "Auf einer Wanderung" vor Freunden rezitiert hatte.

"Ist das nicht zum Heulen schön?" soll Hugo Wolf ausgerufen haben, nachdem er einmal Eduard Mörikes "Auf einer Wanderung" vor Freunden rezitiert hatte.Fast mochte man sich ihm anschließen, als nach dem Nachtstudio, das Mitsuko Shirai und Hartmut Höll einer Auswahl von Wolfs Mörike-Liedern widmeten, man aus dem Otto-Braun-Saal ins Freie taumelte.Mitunter "trunken", keinesfalls aber "irrgeführt" hatte sich das erfahrene Duo zunächst heiterer, zukunftsfroher Stücke aus dem leider allzu vernachlässigten Repertoire angenommen und mit "An eine Äolsharfe" den Übergang vom Rezitativ zur für Wolf so charakteristischen sprachnahen Melodik nachvollzogen.Innig empfunden, aber gänzlich unpathetisch geriet "Zum Neuen Jahr" ebenso vollkommen wie die trotz allen Drängens delikate Überschwenglichkeit des "Gärtners".

Während Shirais höchst konzentriert stets dem einzelnen Werk dienende, all seinen Details und Nuancen genau folgende Gestaltungsweise hin und wieder von einer leichten Schärfe der Tonbildung getrübt wird, erweist sich Höll immer wieder als Meister des pianissimos.Keiner, der die chromatischen Terzschritte in "Ein Stündlein wohl vor dem Tag" so sacht und von eifersüchtiger Unruhe gespannt zu setzen wüßte, keiner, der dem an sich simplen Nachspiel des "Verlassenen Mägdleins" solche Intensität zu verleihen vermöchte.Im kummervollen "Lebe wohl" wie in dem die emotionalen Extreme auskostenden "Wo find ich Trost?" schließlich verkehrten sich beinahe die Rollen von Solist und Begleiter - wie im Notentext angelegt verschmolzen Shirai und Höll zu einer musikalischen Entität, zum Triumpf interpretatorischen Einverständnisses und uneitler Werktreue.Drei Zugaben.

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