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Der Herbst kann kommen. Solange man die richtige Musik im Gepäck hat.

© imago

Empfehlungen der Redaktion: Die 56 besten Alben für den Herbst

Vom Chirurg am Klavier bis zu Ohrwurm-Züchtern aus der Provinz: Unsere Redakteure empfehlen die beste Musik für den Herbst, auch für Streamingdienstverweigerer.

Vom Newcomer bis zum Klassiker: Hier stellen Tagesspiegel-Kritiker*innen aus allen Generationen ihre Entdeckungen des Jahres vor.

Den Anfang macht Hannes Soltau, Mitarbeiter im Ressort Meinung und Popkritiker.

Hannes Soltau.
Hannes Soltau.

© Mike Wolff

MEIN FAVORIT: Big Thief: U.F.O.F. (4AD)
Eigentlich ein Frühsommerwerk, das aber erst im Herbst seine ganze Sogwirkung entfaltet. Die von Sängerin Adrianne Lenker oft nur gewisperten, kryptischen Texte, das polyrhythmische Schlagzeug und der flirrende Gitarrensound erzeugen ein vielschichtiges, herzerwärmendes Glanzstück zwischen Folk und Indie.

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DER NEWCOMER: The Murder Capital: When I Have Fears (Human Season Records)
Es ist wahrlich nicht die Zeit, um Dur-Töne anzustimmen. Und so liegt es an jungen Post-Punkern aus Dublin, die lebensweltliche Brüchigkeit ihrer Generation zu vertonen. Ein Debüt mit selbsttherapeutischen Zügen. Ein intensiver Strudel trostspendender Schroffheit.

DAS GROOVT: Die Kerzen: True Love (Staatsakt)
Vier Mittzwanziger aus Ludwigslust schreiben Lieder über das Lebensgefühl in der Provinz. Gitarren, Synthie und Melodien erinnern an den Sound britischer Dream-Pop-Bands. Keine schlichten Retro-Gags, sondern hübsche Hybridwesen einer sympathischen Ohrwurm-Zucht vom Land.

ZUM WEGHÖREN: Ride: This Is Not A Safe Place (Wichita Recordings)
Eine ruhige Wasseroberfläche schmückt das Albumcover. Die Euphoriewelle um die einstigen Hoffnungsträger des Shoegaze brach Mitte der 90er in sich zusammen. Zu Recht möchte man meinen - viel Innovatives hat das zweite Album nach der Reunion nicht zu bieten.

MEINE RETTUNG: Soft Grid: Agency (Antime Records)
Berlins vielgestaltige Musikszene in einer Band: Eine Post-Punkerin, eine Soundkünstlerin und ein studierter Jazz-Schlagzeuger wagen die Fusion. Zwischen Synthiepop, schreienden Gitarren und komplexen Krautrock- Strukturen werden Genregrenzen konsequent durch den Wolf gedreht.

ZUR ENTSPANNUNG: Bill Callahan: Shepherd. In A Sheepskin Vest (Drag City)
Nach sechs Jahren meldet sich einer der besten Songwriter der Gegenwart zurück. Mit umschmeichelnder Baritonstimme fragt er die Zuhörenden: „Where have all the good songs gone?“. Dabei hat er die Frage doch schon längst beantwortet: Sie befinden sich auf diesem Album.

MEIN KLASSIKER: Dinosaur Jr.: Where You Been (Cherry Red Records)
Wenn eine Platte mit einem Gitarrensolo beginnt, ist das für gewöhnlich kein gutes Zeichen. Doch J. Mascis, dieser geniale Anti-Rockstar darf das. Weil jede Note der aneinandergereihten Grungeperlen auch nach 25 Jahren noch in den Gehörgängen feststeckt.

Anke Myrrhe, Ressortleiterin Berlin

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Hier stellt Anke Myrrhe ihre Auswahl vor, sie leitet das Ressort Berlin/Brandenburg und ist Popkritikerin.

MEIN FAVORIT: Jamie Cullum: Taller (Island)
Größer? Ist er nicht geworden. Und Twentysomething ist er auch nicht mehr. Aber 40 ist bekanntlich das neue 30. Ob er noch vom Flügel springt? Ein Album wie ein Wiedersehen mit einem alten Freund. Als hätte man sich nie aus den Augen verloren. Laut spielen!

Anke Myrrhe.
Anke Myrrhe.

© Kitty Kleist-Heinrich

DER NEWCOMER: The Cranberries: In The End (BMG)
Newcomer und Fareweller: Ihr achtes und letztes Album erscheint 30 Jahre nach Gründung und anderthalb Jahre nach Dolores O'Riordans Tod. Es klingt wie damals, als man selbst Newcomer war. Und die Cranberries eine große Sache waren. Ein Hauch von Anfang, ganz am Ende.

DAS GROOVT: Wanda: Ciao! (Vertigo Berlin)
Wenn man die Texte einfach als Klangfarbe begreift, Inhalt beiseite (gilt auch für Interviews!), dann, ja dann, hat jede Wanda-Platte echte Knaller. „Gerda Rogers“ heißt er hier. Das ist die Lennon-Hommage, die die Gallaghers seit 25 Jahren versuchen.

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ZUM WEGHÖREN: Die höchste Eisenbahn: Ich glaub Dir alles (Tapete).
„Aliens“, „Lisbeth“, „Gierig“, „Blume“ - das waren lauter Indie-Perlen. Große Vorfreude! Und dann? Wer hat denn jetzt das 80er-Keyboard-Gedingel so hochgemixt? Enttäuschte Liebe. Getreu ihrer ersten EP: „Jan ist unzufrieden.“ Ich hör's jetzt so oft, bis ich's versteh.

MEINE RETTUNG: Stephen Sondheim: Company (Arts Music)
Sondheim wird bald 90, im West End wird ein Theater nach ihm benannt. Populäre Kunstform mit Avantgarde-Touch. Und die aktuelle London-Produktion seines Klassikers von 1970 steigt mit vertauschten Geschlechtern ein. Broadway ab März. Und Berlin?

ZUR ENTSPANNUNG: Niels Frevert: Putzlicht (Grönland)
Berlin, heute, in einem Satz: „Ich sah einen Ton-Steine-Scherben-Aufkleber auf einem SUV.“ Dass das Wort Brückengeländer nach Liebe klingt, schafft nur er. Bisschen mehr War on Drugs diesmal, Springsteen und frühe Coldplay als Akustikgitarre im Soundscape.

MEIN KLASSIKER: Beth Gibbons: Out of Season (Island)
Vinyl-Reissue von Gibbons Solodebüt von 2002, nachdem sie mit Portishead tiefe Spuren in den 90ern hinterlassen hatte. Mit Talk-Talk-Bassist Paul Webb alias Rustin Man. Eher Folk als Trip-Hop, mit Soul-Flavour und trotzdem Downtempo. Perfekte Herbstmusik.

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Nadine Lange, Redakteurin für Pop und Queerspiegel

Nadine Lange.
Nadine Lange.

© Kai-Uwe Heinrich

Nadine Lange ist seit vielen Jahren verantwortlich für das Ressort Pop im Tagesspiegel und gründete den Queerspiegel mit. Hier stellt sie ihre Entdeckungen vor.

MEIN FAVORIT: Marika Hackman: Any Human Friend (Caroline)
Wann klang ein Trennungsalbum zuletzt so mitreißend und tanzbar? Der Indie-Pop der Londoner Musikerin Marika Hackman steckt voller kleiner Glücksmomente - und um queeren Sex geht es auch noch. Optimal.

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DER NEWCOMER: Clairo: Immunity (Fader/Caroline)
Das erste Album der 21-jährigen New Yorkerin Claire Cottrill hat die Intimität eines vertonten Tagebuches. In ihren Lo-Fi-Popsongs verbindet sie Songwriter-Melancholie mit Indierock und Trap-Beats. Schon für den Song „Bags“ lohnt es sich mal reinzuhören.

DAS GROOVT: Sampa The Great: The Return (Ninja Tunes)
Schon ihr Mixtape „Birds And The Bee9“ von 2017 zeigte das immense Talent von Sampa Tembo alias Sampa The Great. Jetzt legt die Rapperin und Sängerin, die in Sambia geboren wurde und in Australien lebt, ihr schillerndes Debüt vor. Sehr angenehme Old-School-Produktion.

ZUM WEGHÖREN: Shindy: Drama (Sony)
Klischeehafter Deutsch-Rap voller Mackerposen und Misogynie. Das bisschen Selbstironie macht es kaum erträglicher.

EINE RETTUNG: Sofia Bolt: Waves (Loantaka Records)
Noch ein lesbisches Trennungsalbum. Diesmal ohne Sex, dafür mit psychedelischen Wellen, toll mäandernden Gitarren - und einem Arrangement von Van Dyke Parks. Vielschichtig und tröstlich.

ZUR ENTSPANNUNG: Nérija: Blume (Domino Records)
Die Londoner Jazzszene explodiert derzeit vor Kreativität. Das aus sechs Musikerinnen und einem Musiker bestehende Kollektiv Nérija gehört zu den spannendsten Formationen, wie dessen atmosphärisches Debütalbum zeigt. Bei allen Verbindungslinien in die 60er und 70er klingt es absolut gegenwärtig und frisch.

MEIN KLASSIKER: Dila: Dila (Far Out Recordings)
Die erste und einzige Platte der brasilianischen Sängerin Dila erschien 1971, kurz darauf starb die junge Frau - soweit bekannt ist - bei einem Autounfall. Jetzt kommt das zwischen funky Soul und Samba angesiedelte Album noch einmal auf Vinyl heraus. Wunderbar.

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Ulrich Amling, Redakteur für Klassik

Ulrich Amling.
Ulrich Amling.

© Doris Spiekermann-Klaas

Ulrich Amling kümmert sich als langjähriger Klassik-Redakteur beim Tagesspiegel um alles von Mozart bis Mahler. Hier präsentiert er seine Lieblinge.

MEIN FAVORIT: Mahler: Symphonie Nr. 4. London Philharmonic Orchestra, Vladimir Jurowski (LPO)
Über seinem beeindruckenden Lauf beim RSB vergisst man leicht, dass Vladimir Jurowski aktuell auch noch Chefdirigent in London ist. Diese Live-Aufnahme erreicht ohne jede Hast erstaunliche Tiefenregionen.

DER NEWCOMER: Kölner Streichsextett: Great Britain - Great Music (Avi Music)
Das Streichsextett passt mit seinem überreif-melancholischen Klang wunderbar in den Herbst. Die bislang noch nie eingespielten Werke der britischen Zuspätromantiker Bridge, Holst und Holbrooke sind rührende Newcomer von gestern.

DAS GROOVT: Trio Catch: As if (Bastille musique)
Die drei jungen Musikerinnen Boglárka Pecze (Klarinette), Eva Boesch (Violoncello) und Sun-Young Nam (Klavier) sind das Trio Catch. Ihre Mission: für neue Musik gefangen nehmen. Das gelingt auf dieser preisgekrönten CD spielend.

ZUM WEGHÖREN: Händel: Complete Solo Sonatas. Il Rossignolo (Deutsche Harmonia Mundi)
Meine Liebe zu Händel ist einige Regalmeter groß. Doch diese arg buchhalterische Ersteinspielung aller seiner Sonaten für Soloinstrumente und Continuo auf 4 CDs geht selbst mir zu weit. Wer hört das bloß alles?

MEINE RETTUNG: Bach: Complete Cello Suites. Emmanuelle Bertrand (Harmonia Mundi)
Ein altes Cello und der Traum vom Fliegen: Erst fragt man sich, wo im Spiel von Emmanuelle Bertrand die Farben abgeblieben sind? Dann tauchen sie nach und nach auf - aber nur, wenn man geduldig bleibt.

ZUR ENTSPANNUNG: Gesualdo: Madrigali. Exaudi Vocal Ensemble (Winter & Winter)
Der britische A-cappella-Chor Exaudi ist eigentlich auf neue Musik spezialisiert. Man spürt es daran, wie selbstverständlich die Sängerinnen und Sänger sich den dunklen Dissonanzen der Renaissance hingeben. Kathartisch!

MEIN KLASSIKER: Mahler: 10 Symphonies. Symphonieorchester des BR, Rafael Kubelik (DG)
Mahler mag in dieser Welt ein Heimatloser gewesen sein, eine Herkunft aber hatte er. Niemand bringt sie so zum Klingen wie Kubelik in diesem neu aufgelegten, legendären Zyklus.

Udo Badelt, Reporter für Klassik

Udo Badelt.
Udo Badelt.

© Tagesspiegel

Udo Badelt berichtet als freier Mitarbeiter für den Tagesspiegel über die Klassikstadt Berlin. Hier verrät er, was ihn dieses Jahr bewegte.

MEIN FAVORIT: Mahler: Symphonie Nr. 6. SWR Sinfonieorchester, Michael Gielen (SWR Classic) Zwei Aufnahmen des im Frühjahr verstorbenen Dirigenten, von 1971 und - mit völlig anderen Tempi - von 2013, dazu als Bonus ein Interview: Drei CDs als aufregendes Dokument eines lebenslangen Ringens mit Mahler.

DER NEWCOMER: Danae Dörken: East and West (Ars Produktion)
Die deutsch-griechische Pianistin präsentiert ein anregendes Ost- West-Programm mit Nocturnes von Poulenc, Ländlern von Schubert oder Prelúdes von Manolis Kalomiris.Dass aus Vielfalt Stärke erwächst, daran kann gerade in unserer Zeiten nicht oft genug erinnert werden.

DAS GROOVT: Vivaldi: L'Estro Armonico Ensemble Armoniosa (Sony)
Die Italiener liefern eine spielfreudige, furiose Interpretation von Antonio Vivaldis legendärem Zwölf-Konzerte-Zyklus: Musik mit Puls und Herzschlag. Originalklang kann so mitreißend sein.

ZUM WEGHÖREN: Daniel Behle: Zero to Hero L'Orfeo Barockorchester (Sony)
Originalklang kann einen zur Verzweiflung bringen. Grob, bruitistisch und verhetzt, so setzt diese Mozart-Blütenlese mit der „Giovanni“-Ouvertüre ein. Behle kann trotz des sportlichen Titels dem Vorurteil, bei Mozart seien die Tenorpartien vor allem Langweiler, nichts entgegensetzen.

MEINE RETTUNG: Joseph Haydn: Die Schöpfung. Tonkünstler Orchester Wien, Yukata Sado (Tonkünstler)
Das Drama des Anfangs, wie Haydn es sich vorstellt, farbgesättigt, mit erleuchtet singenden Solisten und einem fantastisch aufgelegten Rias Kammerchor aus Berlin, biegsam wie eine Ähre im Wind.

ZUR ENTSPANNUNG: Nathanael Carré: Palette. Ensemble Nuanz (Ars)
Der Titel passt: Berückend klangfarbenmalerisch und impressionismusgeschwängert klingen diese Stücke, die Carré für Streichsextett und Flöte arrangiert hat. Auszeit für die Seele - und zugleich etwas für Neugierige, denn Gabriel Fauré ist der einzige wirklich bekannte Komponist der CD.

MEIN KLASSIKER: Verdi Heroines (Orfeo)
Nur wer die Vergangenheit kennt, hat Zukunft: Ein Wiederhören mit den großen Verdi-Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts, von Júlia Varady über Krassimira Stoyanova bis Grace Bumbry und Agnes Baltsa. Aufwühlend, mitreißend und herzkammeröffnend.

Frederik Hanssen, Redakteur für Klassik

Frederik Hanssen.
Frederik Hanssen.

© Mike Wolff

Frederik Hanssen ist ebenfalls seit vielen Jahren Experte für Klassik beim Tagesspiegel. Hier teilt er seine Highlights für den Herbst.

MEIN FAVORIT: Wagner: Ouvertures & Preludes, Frankfurt Radio Orchestra, Andrés Orozco-Estrada (RCA)
So kann man von Richard Wagner gar nicht genug bekommen: flamboyant interpretiert, in prächtigsten Klangfarben ausgemalt, detailgenau gearbeitet. Die Edelakustik von Kloster Eberbach tut ein Übriges.

DER NEWCOMER: Mariam Batsashvili: Chopin, Liszt (Warner)
Die junge georgische Pianistin zeigt, dass Franz Liszt nicht nur ein Überwältigungskünstler war, sondern auch eine sensible Seele, ein aufmerksamer Lauscher in der Natur. Und plötzlich wirkt Chopins Großstadteleganz geradezu aufdringlich mondän.

DAS GROOVT: Sebastian Studnitzky, Sebastian Manz: A Bernstein Story (Berlin Classics)
Zwei Klarinettisten, ein Jazzer und ein Klassikinterpret, holen Bernstein ins Heute. Wie sie ihn mit Strawinsky und Minimal Music kurzschließen, wie sie mit Club-Beats, Loops und Elektronik experimentieren, das hätte dem Freigeist Lennie gefallen.

ZUM WEGHÖREN: Paderewski, Chopin: Klavierkonzerte Claire Huangci, Deutsche Radio Philharmonie, Shiyeon Sung (Berlin Classics)
Nicht immer lohnt sich die Exhumierung eines vergessenen Werkes: Paderewskis Konzert von 1888 bietet einige hübsche Melodien, vor allem aber viel hohles Geklingel.

MEINE RETTUNG: Libertà! Mozart et l'opéra. Solisten, Pygmalion, Raphael Pichon (Harmonia Mundi)
Konzeptalben sind in der Klassik selten. In drei Akten erkundet Dirigent Raphael Pichon die Gefühlswelten des Rokoko, kombiniert Werke des jungen Mozart mit Opern von Zeitgenossen - und spürt dabei so manche Preziosen auf. Bravo!

ZUR ENTSPANNUNG: The secret Fauré II. Sinfonieorchester Basel, Ivor Bolton (Sony)
Entdeckenswert ist der unbekannte Fauré in der Tat. Vor allem, wenn man wie Ivor Bolton das Geheimnis der idealen Interpretation kennt: leicht und natürlich bleiben, keinen Druck machen, damit sich die fragile Sinnlichkeit frei entfalten kann.

MEIN KLASSIKER: Offenbach: La Périchole Les Musiciens du Louvre, Marc Minkowski (Bru Zane)
Spielt mehr Offenbach!, fordert Minkowski zum 200. Geburtstag des Operetten-Erfinders mit dieser brillant besetzten, entfesselt fröhlichen Aufnahme. Gerne. Wenn dessen Sozialsatiren nur nicht so verteufelt schwer zu inszenieren wären ...

Christiane Peitz, Kultur-Autorin

Christiane Peitz.
Christiane Peitz.

© Doris Spiekermann-Klaas

Christiane Peitz leitete mehr als 20Jahre das Kulturressort beim Tagesspiegel. Hier stellt die Filmkritikerin und Klassikexpertin ihre Hits des Jahres vor.

MEIN FAVORIT: Beethoven: Alle Klaviersonaten. Igor Levit (Sony Classical)
Operation am offenen Herzen: Levits Beethoven ist entwaffnend persönlich. Wo es nottut, wird er hysterisch oder auch schwerelos, verboten schön. Wehmut und Wahnsinn haben immer Methode, bis zum Delirium der Hammerklavier-Sonate.

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DER NEWCOMER: Wagner, Strauss: Orchesterlieder. Lise Davidsen, Philharmonia. Orchestra, E.-P. Salonen (Decca)
Ihre Elisabeth im Bayreuther „Tannhäuser“ ist phänomenal, voller Klangpracht und Farbigkeit. Keine Heilige, sondern eine versehrte Seele, deren Frömmigkeit in Verzweiflung umschlägt. Gut, dass die Arien sich auch auf ihrem Debütalbum finden.

DAS GROOVT: Schumann/Wagner: Lieder Christoph Prégardien, Michal Gees (Challenge Classics)
Nach Sohn Julian nun die „Dichterliebe“ auch vom Vater. Tenor und Klavier sind noch im Mikrobereich im Einklang. Prégardiens natürliche Diktion, seine lasziven Einfärbungen, die Diminuendos und leise Ironie - vom Feinsten!

ZUM WEGHÖREN: Miles Davis: Rubberband (Warner)
Hey, wieso muss der famose Jazztrompeter mit Straßenlärm, Steeldrums und Karibik-Salsa aufgemotzt werden? Das verschollene Album von 1986, im Studio mit Neffe Vince Wilburn jr. entstanden, beweist nur: Hip-Hop war nicht sein Ding.

MEINE RETTUNG: Clara Schumann: Klavierwerke. Isata Kanneh-Mason, Elena Urioste (Decca)
Die karibisch-stämmige Pianistin spielt mit nur 23 Jahren so souverän wie subtil. Wunderbar der verhaltene Frageton bei den Romanzen mit Geige. Eine Entdeckung! Auch ihr Cello-Bruder Sheku macht übrigens von sich reden.

ZUR ENTSPANNUNG: Mozart: Streichquartette KV 80, 458 und 499. Armida-Quartett (BR Klassik)
Buchstabe für Buchstabe, Note  für Note: Die Studie des Armida-Quartetts für eine Henle-Neuausgabe lebt von philologischer Neugier. Ein klarer, vibratoarmer, trotzdem beseelter Mozart, schon beim ersten Quartett des 14-Jährigen.

MEIN KLASSIKER: Beethoven/Rachmaninow: Klaviersonaten. Ivo Pogorelich (Sony Classical)
Gut 20 Jahre gab's kein Album mehr vom Meister der Exzentrik. Aber jetzt: Sein Beethoven ist gläsern, fast eisig. Abstrahierter, gehärteter Schmerz, das Gegenstück zu Igor Levits Glut. Über seine Rubati lässt sich wieder gut streiten.

Jörg Wunder, Redakteur bei Ticket

Jörg Wunder.
Jörg Wunder.

© Thilo Rückeis

Jörg Wunder ist Popkritiker und verantwortet beim Tagesspiegel das Ticket mit den wöchentlichen Veranstaltungstipps für Berlin. Hier präsentiert er sein Best-of des Jahres.

MEIN FAVORIT: Lana Del Rey: Norman Fucking. Rockwell (Vertigo/Universal)
Die flirrende Americana-Nostalgie ist eine Art musikalisches Gegenstück zu Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“: maßlos ausufernd, zitatüberflutet, sich im melancholischen Ennui verströmend, unerwartete Adrenalinstöße verteilend. Die beste Platte der Königin des Zeitlupen-Pop.

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DER NEWCOMER: Tank and The Bangas: Green Balloon (Verve)
Jaja, kam im Mai raus und ist auch schon das zweite Album von Tarriona „Tank“ Ball und ihrer Band. Aber den schwerelosen New Soul und die zwischen Minnie Riperton und Erykah Badu melismierende Stimme dieser bezaubernden Südstaatenpflanze muss man gehört haben.

DAS GROOVT: Freddie Gibbs & Madlib: Bandana (RCA/Sony)
Wie aufregend Hip-Hop ohne Trap und Autotune klingen kann, zeigen die beiden Nochnichtganz-Altmeister. Ihre zweite Zusammenarbeit erinnert an den Abenteuergeist der frühen 90er, als A Tribe Called Quest und andere das Genre revolutionierten.

ZUM WEGHÖREN: Pixies: Beneath the Eyrie (BMG/Warner)
Natürlich ist das nicht schlecht, was die Pixies seit 2014 in ihrer zweiten Existenzphase so veröffentlichen. Aber eben doch nur ein ganz fahler Schatten der einstigen Glorie der vor 30 Jahren weltbesten Noise-Pop- Band. Und damit völlig überflüssig.

MEINE RETTUNG: Purple Mountains: dto. (Drag City/H'Art)
Manchmal ist einfach alles Mist. Kaum deutete diese in ihrer samtigen Widerborstigkeit ganz wunderbare Platte, die erste seit elf Jahren, an, dass David Berman seinen Dämonen trotzen könnte, da setzte er seinem Leben ein Ende. Seine Musik ist unsterblich.

ZUR ENTSPANNUNG: Metronomy: Metronomy Forever (Because/Universal)
So hart kann der Brexit gar nicht werden, dass uns die butterstreuselzarten Art-Pop-Miniaturen von Joseph Mount und seiner Kapelle nicht das Herz erweichen würden. Liebe Briten, wann immer ihr es euch anders überlegt: Welcome back!

MEIN KLASSIKER: Solange: When I Get Home (Sony Music Switzerland)
Fast ein halbes Jahr mussten wir Analogtrottel und Streamingdienstignoranten warten. Nun ist das gefeierte neue Album jener Künstlerin, die längst nicht mehr die „kleine Schwester von Beyoncé“ ist, auch auf Vinyl erhältlich. Wurde auch Zeit!

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