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Kultur: Entertainer

Die neuen Fellows der American Academy

Callcenter in Asien und Rudolf Steiners Ideen zum Spracherwerb: Der New Yorker Videokünstler Paul Pfeiffer wird in der American Academy in Berlin-Wannsee an einer Installation arbeiten, die beides verbindet. Vergesst Renaissance und Reformation: Das angeblich so finstere Mittelalter ist die Wiege Europas und unseres Informationszeitalters: Darüber forschen die Mediävisten John van Engen und Daniel Hobbins. Die Anthropologin Elizabeth Povinelli denkt darüber nach, was die Krise des Kapitalismus mit der Krise des Multikulturalismus zu tun hat. Holtzbrinck-Fellow Leland de la Durantaye (der fließend Deutsch spricht) ist von Samuel Becketts in eigentümlichem Deutsch verfassten, nie abgeschickten Brief über die eigenen ästhetischen Grundlagen fasziniert: „Wörterstürmerei im Namen der Schönheit“ nennt er sein Beckett-Projekt.

Das haben Künstler und Wissenschaftler gemeinsam: Sie denken stürmischer, bewegen sich abseits der Trampfelpfade und bringen zusammen, was nicht zusammengehört. Nach fröhlich warnenden Worten von US-Botschafter Philip D. Murphy (Erkunden Sie Berlin, aber Vorsicht, Ihre Arbeit wird leiden!) beweist die Vorstellung der zwölf Herbst-Fellows in der Academy-Villa am Donnerstagabend erneut, wie vergnüglich Wissenschaft sein kann. Dass im amerikanischen Akademiker auch ein Entertainer steckt, kann man hier regelmäßig im Herbst und im Frühjahr erleben – beneidenswert. Jeder hat vier Minuten: Die Psychologin Alice Eagly forscht über Geschlecht und Führungspositionen; ob sie sich Merkel als Studienobjekt vornimmt? James Der Derian (International Studies) wollte schon 2010 an der Academy über die Rolle von Akademikern im Irak-Krieg arbeiten, ließ sich aber tatsächlich von Berlin ablenken und engagierte sich für einen Ronald-Reagan-Platz in der Stadt. Von wegen Passagenwerk: Die Erwähnung Walter Benjamins in der Academy-Bewerbung sei von Vorteil, verraten die Fellows. Der Lyriker Tom Sleigh ging noch weiter: Er benannte seinen Hund nach Benjamin und legte der Bewerbung ein Foto bei. Christiane Peitz

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