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Berlinale-Direktor Dieter Kosslick mit Jury-Präsidentin Juliette Binoche und Moderatorin Anke Engelke.

© Kay Nietfeld/dpa

Eröffnung der Filmfestspiele: Lob und Preis für Kosslick zum Start seiner letzten Berlinale

Bei der Gala zur Eröffnung der Filmfestspiele mischte sich Melancholie in den Glamour. Viele Stars waren gekommen, um den scheidenden Berlinale-Chef zu feiern.

Ach, war das schön, geradezu rührend. „Verdamp lang her“, dass Dieter Kosslick zur Eröffnung seiner ersten Berlinale Wolfgang Niedecken und BAP mitbrachte. Kölsch-Rock bei der Gala? Kannte man damals nicht. Das Musikprogramm, anfangs gepflegt, blieb dann allmählich auf der Strecke, am Donnerstagabend aber, zu Kosslicks letzter Gala, war sie wieder da: Max Raabe und Anke Engelke im Duett, eine echte kleine Kapelle im Rücken – ein Couplet vom Max, auf den Dieter zugeschnitten, eine Huldigung in Noten und Reimen: „Wir sind nur wegen dir hier.“

Doller Einstieg, Volltreffer, Standing Ovations für den scheidenden Chef, bevor der Abend richtig angefangen hat. Und das geht dann mit den Huldigungen und Lobpreisungen später so weiter. Kulturstaatsministerin Monika Grütters, sonst beflissen, den deutschen Film und ein wenig auch die eigene Arbeit zu preisen, widmet sich diesmal vor allem dem Berlinale-Chef, lobt seine Standfestigkeit, seine aufrechte Haltung, den Glamour, für den er stehe. Um die Küsschen, die er mit den tollsten Schauspielerinnen der Welt getauscht habe, beneide ihn doch ganz Deutschland, und dem berühmtesten deutschen Filmbotschafter, dem silbernen und goldenen Bären, mache nur er Konkurrenz.

Andie MacDowell, Fatih Akin, Iris Berben und Lars Eidinger

Das beste Kompliment aber seien die 350.000 Karten, die jährlich verkauft würden, die Filmliebhaber, die ganze Nächte um Karten anstünden, eigens Urlaub nähmen. Hätte sie einen schwarzen Hut wie Kosslick – sie würde ihn jetzt vor ihm ziehen. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller stimmte da ein, gab immerhin beiläufig zu bedenken, dass Kosslick, bei allen Meriten, der Mann an der Spitze eines Teams gewesen sei.

Doch, es war schon ein besonderer Abend, routiniert wie eh und je, die üblichen Blitzlichtorgien auf dem roten Teppich, über den als Überraschung auch Andie MacDowell als Botschafterin des Sponsors L’Oréal schritt, dazu die üblichen Verdächtigen von Fatih Akin bis Iris Berben, von Lars Eidinger bis Andrea Sawatzki und von Christian Berkel bis Rosa von Praunheim. Dazu gesellten sich als Gäste aus der Politik Bundesaußenminister Heiko Maas und die norwegische Kulturministerin Trine Skei Grande.

Aber der Abend war doch auch anders, dem Glamour war ein wenig Melancholie beigemischt. Mehr mehr Abschied als Anfang lag in der Luft, das dürfte sich bei der nächsten Gala ändern.
Die 69. Berlinale also, Anke Engelke – im weißen Kleid, dazu grün eingewickelt – hatte also ganz recht, als sie vorrechnete, dass es hier die letzte Gelegenheit sei, eine U-70-Party zu feiern. Schon möglich, dass mit der Ära Kosslick beim Festival auch ihre endet. Man wird sie vermissen, ihre scheinbar aus dem Handgelenk geschüttelten Spötteleien, gerade nach so einem Abend: Nein, sie werde sich nicht mit dem Flughafen befassen – wie ja die Verantwortlich auch nicht.

Kosslick blieb meist im Hintergrund

Aber es blieb durchaus nicht nur bei Spaß und Lobpreisung, auch ernste Worte fielen, so eines von Renée Sintenis, der Schöpferin des Berlinale-Bären – Monika Grütters hatte es in ihre Rede eingewoben: „Jede Macht korrumpiert. Der geistige Mensch muss daher immer in der Opposition leben.“ Eine ernste Tonlage, die dann auch Michael Müller fand, als er, Bürgermeister einer Stadt, deren Mauer vor fast 30 Jahren fiel, an die neuen Mauern und Ausgrenzungen in der Welt erinnerte.

Kosslick blieb bei all dem im Hintergrund, stand im Zentrum, aber unsichtbar, hatte sich nur am Anfang von Anke Engelke und Max Raabe huldigen lassen, tauchte eigentlich erst wieder auf, als der Abend sich dem Ende zu neigte, zuvor aber dem Höhepunkt zueilte, der Vorstellung der Jury mit ihrer Vorsitzenden Juliette Binoche. Die hatte 1997 selbst einen Silbernen Bären bekommen für ihre Rolle in „Der englische Patient“, der offenbar nicht mehr ganz so glänzt wie am ersten Tag. Ob der wirklich aus Silber sei, wollte sie von Dieter Kosslick wissen. Der Berlinale-Chef konnte sie beruhigen: Der Bär habe viel mehr Silber als der Oscar Gold.

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