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Kultur: Erst kommt das Lachen ...

Daniel Cohens „Kochen ist Chefsache“ – mit Jean Reno.

Das deutsche Fernsehen ist voll von Köchen, echten und dargestellten. Doch ins Kino kommen sie kaum. Ähnlich sieht es in Frankreich aus, einem Land, dem dieser Berufsstand noch viel wichtiger ist. „Brust oder Keule“, der visionäre Louis-de-Funès-Heuler, ist gut 35 Jahre alt – und das junge, sehr französische und rattenscharfe „Ratatouille“ eine reinrassige US-Produktion.

Der Grand Chef in der Schaffenskrise, das traditionelle Sujet gibt anscheinend nur Komödien oder Grotesken her. Auch Daniel Cohens „Kochen ist Chefsache“ ist eine Komödie – eine, die in ihren ästhetischen Mitteln schon 1976 hätte gedreht werden können, ein unterhaltsames Stück Kino ohne nennenswerten Tiefgang. Die Zutaten sind vertraut am Rande des Klischees: ein Chef in Kreativnöten, ein temperamentvoller junger Herausforderer, die ewig gefürchteten Tester als Bedrohung, un peu d’amour und, als befreiendes Ziel, das einfache Leben am Holzkohlengrill.

Reiz bekommt die Sache durch die Besetzung: Jean Reno gibt den großen Alexandre Lagarde fern der sonst bei ihm unausweichlichen Killer und Polizisten mit sichtlichem Genuss, und der Comedian Michael Youn darf als naiv-begeisterter Hilfskoch Jacky Bonnot einen märchenhaften Aufstieg erleben.

Bonnot erinnert äußerlich und vom Rollenprofil her verblüffend an den Zauberlehrling Linguini aus „Ratatouille“ – nur bedarf sein genialisches Talent keinerlei Stimulation durch Nagetiere. Er ist der fanatische Instinktkoch, der die Rezepte des Meisters besser beherrscht als dieser selbst. Er reißt Gästen den vollen Teller weg und fliegt raus, quält Fernfahrer mit kulinarischen Extravaganzen und fliegt raus, brilliert ungefragt in einer Altenheim-Küche und verschweigt seiner schwangeren Frau den Traumjob bei Lagarde – schließlich will sie, dass er mal was Festes ohne Kocherei findet, wo er nicht sofort wieder rausfliegt.

Ein paar aktuelle Zutaten würzen den Eintopf. Das Restaurant Lagardes gehört einem Konzern, der damit die modische Molekularküche popularisieren und die dafür nötigen Produkte aggressiv vermarkten will. Das eröffnet den Weg zum dezenten Klamauk: Ein spanischer Molekularexperte sprengt Essen in die Luft und verarbeitet selbst gefangene Enten zu Geleewürfeln mit Himbeergeschmack, und Lagarde und Bonnot spionieren als japanisches Ehepaar im Restaurant des modebewussten Konkurrenzkochs.

Nein, so haben sie sich gutes Essen nicht vorgestellt, und so drängt das dahinplätschernde Geschehen einer Zuspitzung und Auflösung entgegen, die wieder an „Ratatouille“ erinnert – überhaupt scheint beim Küchenfilm die Zahl der dramaturgischen Varianten besonders limitiert. In seiner kulinarischen Moral ist das so spießig und in seinen humoristischen Mitteln so beschränkt, als müsse es deutschen Rundfunkräten gefallen. In deutschen Filmen zum Thema spielen aber weder Reno noch Youn mit. Und das macht dann doch den Unterschied.

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