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Kultur: Es ist noch Suppe da

COMEDY

Er hat den DJ erschossen und muss nun allein klar kommen. Aber das ist kein Problem. Sven Ratzke hat ja noch sich selbst. Und das Showprogramm, das unter dem Titel „I shot the DJ“ in der Berliner Bar jeder Vernunft seine Premiere feierte, lebt von der ersten Sekunde an von Ratzkes charismatischer Bühnenpräsenz. Mit lasziven Körperschwüngen, provozierendem Blick und divenhaftem Gebaren zaubert der deutsch-holländische Künstler eine sinnliche Atmosphäre ins Spiegelzelt. Den DJ ersetzt ein kleines Orchester, bestehend aus Pianist und Soundmaster. Die beiden schaffen eine opulente Klangkulisse für die Chansons, die Ratzke mit einer variablen, mal gurgelnden, mal tremolierenden, mal schmachtenden Stimme sang. Ratzkes Show flirtet mit den Klischees billigen Entertainments, ohne sich dabei selbst zu kompromittieren.

In der Pause gibt es – so will es das neue Konzept der „Nachtkantine“ – Suppe nach Mitternacht (nächste Termine: 17. und 18. Oktober). Und zwar Linsensuppe und nicht Erbsensuppe, wie Sven Ratzke vermeint. Aber damit kann man leben. Störender sind schon Ratzkes Witze auf Kosten des Publikums. Um genau zu sein: auf Kosten eines Besuchers, der immer wieder ungewollt in den Mittelpunkt gerückt wurde. Nur auf dessen Kosten glaubte Ratzke, sein Publikum für sich gewinnen zu können. Vielleicht spürte er, dass nicht jeder über seine Ansagen lachen kann, in denen jeweils fünfmal „Fuck“ vorkommen muss. Hat er doch gar nicht nötig – wie das furiose, frei improvisierte Finale zeigte, das jeden im Zelt mitriss.

Thomas Thiel

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