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Kultur: Es war einmal

Ulrich Bischoff gebrauchte für die Kunst Fritz Rahmanns den Begriff "Situationistischer Konstruktivismus".Vor einigen Jahren hatte er den Künstler beauftragt, eine Analyse des öffentlichen Raums bei den Münchner Pinakotheken zu entwickeln.

Ulrich Bischoff gebrauchte für die Kunst Fritz Rahmanns den Begriff "Situationistischer Konstruktivismus".Vor einigen Jahren hatte er den Künstler beauftragt, eine Analyse des öffentlichen Raums bei den Münchner Pinakotheken zu entwickeln.Es ging dabei besonders um die Zufälligkeit, mit der sich Außen-Skulpturen in ein Verhältnis zu diesen Museen setzten.Rahmann widmete sich den gestalterischen und geschichtlichen Vorgaben am Ort, konstruierte die Situation neu, schlug andere Orte für die Skulpturen und andere Wegführungen vor und ließ dabei auch nicht die Alltagsinstallationen, etwa ein Transformatorenhäuschen, aus.Im Gegenteil, er empfahl, dieses unter Denkmalschutz zu stellen.

Rahmann ist nicht unbedingt auf bleibende Setzungen aus.Als Spezialist für das Vorgefundene interpretiert er Orte und Situationen neu, indem er ihnen mit Materialien und Gegenständen eine Struktur gibt, die er ihrem Umfeld entnimmt und so erst sichtbar macht.Er ist ebenso Feldforscher, Planer und Spurensammler wie Installateur und Plastiker.1981 hatte der Galerist Wittenbrink in Regensburg ihm Gelegenheit zu einer Arbeit vor Ort gegeben.Rahmann sammelte im Stadtraum verschiedene Gegenstände und legte sie in geraden Zeilen auf einem Hinterhof aus, der von verschiedenen historischen und modernen Gebäuden begrenzt war.Auch hier wurde bei scheinbarer Zufälligkeit Präzision angestrebt: Der Künstler spannte Richtleinen, als gehe es um gerade Kartoffelreihen in einem Garten und nicht um alte Säcke, Paletten, Metallabfall und Schilder.Was von der Arbeit blieb, sind Reihen von Schwarz-WeißFotos, die jetzt bei Busche zu sehen sind.

Hier hat man es mit mehreren Ebenen zu tun: Da ist einmal die in der Totale dokumentierte Situation vor Ort.Dann geht es um die Nahsicht auf die ausgelegten Zeilen, drittens um einzelne Gegenstände.Die verschiedenen Maßstäbe verkomplizieren und verfielfältigen die Installation.Hinzu kommen die technischen Eigenarten der Fotografie selbst: Da die einzelnen Strecken der Zeilen mit Weitwinkelobjektiv aufgenommen wurden, verkehren sich die Winkel der Anschlußstellen bei den Ausschnitten gegeneinander.Man beginnt in Gedanken, ein Puzzle zu legen, das jedoch nicht zwingend ist wie eine Stadt-Land-Fluß-Ansicht aus dem Hobbygeschäft, die man einfach zusammensetzen muß, um das Bild zu erhalten.Rahmanns Arrangement entzieht sich, da es längst verschwunden ist und sich auch nicht mehr recht rekonstruieren läßt.Seine Präsentation ist zugleich ein ironischer Kommentar zur Repräsentation einer ästhetischen Wirklichkeit - ohne Kunstgriff allerdings, da nicht willentlich von der möglichst getreuen Dokumentation abgewichen wurde.

Das Großfoto eines Details schließlich verleiht einer zerbrochenen Palette im Beisammensein mit einem Jutesack etwas rührend Schlichtes.Die Geschichte, mit der man diese Konstellation anreichert, stellt sich ein und bricht sich sogleich wieder: "Es waren einmal lauter Schrotteile, die ein Künstler in einen Hof legte, so daß ein schönes Mosaik daraus entstand." "Situationistischer Konstruktivismus" oder "Konstruktiver Situationismus" - beide Begriffe scheinen die Sache zu treffen.Fritz Rahmann hat es geschafft, aus der verschwundenen Situation eine neue herzustellen durch eine sorgfältige Konstruktion ihrer Bilder.

Busche Galerie, Bundesallee 32, bis 22.Mai; Dienstag bis Freitag 14.30-18.30 Uhr, Sonnabend 11-14 Uhr.

KATJA REISSNER

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