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Kauz und Schnauz. Die Brüder Ethan (links) und Joel Coen wurden 1957 und 1954 in Minneapolis geboren. Seit ihrem Debüt „Blood Simple“ 1984 arbeiten sie als Drehbuchautoren, Regisseure und Produzenten zusammen. Zu ihren Filmen zählen „Fargo“ (1996) und „The Big Lebowski“ (1998). „No Country for Old Men“ erhielt 2008 vier Oscars, unter anderem als bester Film und für die beste Regie.

© dapd

Ethan und Joel Coen über sich selbst: "Es ging uns nicht darum, einen Western zu drehen."

Ethan und Joel Coen über sich selbst und die Dreharbeiten. Eine Interviewcollage.

1. MINNESOTA

JOEL: Wir waren typische Kinder der Zeit, die auf eine jüdische Schule gehen mussten, auch wenn wir nicht gerade verrückt danach waren. Sicher hat uns die jüdische Subkultur beeinflusst. Der Einfluss der Popkultur der sechziger Jahre war aber größer. Vielleicht hat uns gerade der Kontrast zwischen der jüdischen Subkultur und der amerikanischen Popkultur geprägt. Anders als bei der Bar Mitzwa in „A Serious Man“ waren wir nicht bekifft. Wir waren ordentliche Schüler. ETHAN: Minnesota ist ein exotisches Land, für die meisten Amerikaner. JOEL: Ausgerechnet da sind wir aufgewachsen.

2. BRÜDER

ETHAN: Wir machen alles zusammen, es gibt keine Arbeitsteilung. JOEL: Bei der Arbeit am Drehbuch sitzen wir gemeinsam in einem Raum, haben nur einen Computer … ETHAN: … an dem gewöhnlich ich sitze, denn ich tippe schneller. Wir gehen Szene für Szene vor. Wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, läuft es gut. Ein Gedanke, der zum nächsten führt, das bedeutet, die Geschichte funktioniert. Wenn wir uns einig sind, verläuft sie eher im Sande. JOEL: Auch beim Drehen ist es einfach. Wer eine Frage hat, wendet sich einfach an denjenigen von uns beiden, der ihm am nächsten steht.

3. "TRUE GRIT“ MIT JOHN WAYNE

ETHAN: Wir haben den alten Film als Kinder gesehen, aber keine große Erinnerung daran. Vor ein paar Jahren habe ich das Buch von Charles Portis meinem Sohn vorgelesen und wir begannen zu überlegen, wie man daraus einen Film machen könnte. Es ist eine ungewöhnliche Western-Story, ein sehr lustiger, berührender, fesselnder Roman. Es ging uns wirklich nicht um den Film von 1969.

4. MATTIE

JOEL: In Portis’ Buch ist Mattie ganz klar ein pubertierendes Mädchen, in diesem schwierigen Stadium zwischen Kindheit und Jugend. Wir wollten die Figur auf keinen Fall sexualisieren, aber die besondere Dynamik zwischen zwei erwachsenen Männern und einem Mädchen, dessen Sexualität gerade erwacht, spielt schon eine Rolle. ETHAN: Mattie ist eine Nervensäge. Aber im Buch gibt es etwas zutiefst Bewundernswertes an ihr, das hat uns angezogen. Eine 14-Jährige, die die gesamte presbyterianisch-protestantische Ethik in sich trägt, das klang witzig.

5. HAILEE STEINFELD ALS MATTIE

JOEL: Rachel Tenner, eine unserer Casting-Frauen, ist durch sämtliche Südstaaten gereist und hat Unmengen von Rodeo- und Westernreiterinnen interviewt. Nachdem wir uns Dutzende, wenn nicht Hunderte von Kandidatinnen angesehen hatten, kamen wir schließlich auf dieses Mädchen aus Thousand Oaks, Kalifornien, praktisch aus L. A. Hätten wir uns den Stress sparen können …

6. JEFF BRIDGES
ETHAN: Beim Schreiben hatten wir ihn noch nicht im Sinn, es ging zunächst ja darum, die Figuren aus dem Roman zu adaptieren. Aber als das Drehbuch fertig war, wussten wir schnell, wer unser Rooster Cogburn ist. JOEL: Es gibt nicht viele, die das richtige Alter und die Körperlichkeit für die Rolle haben. ETHAN: Und er kann reiten! Wussten wir gar nicht.

7. DIE AUGENKLAPPE
ETHAN: Wir haben darüber nachgedacht, ob Bridges sie mal auf dem einen, mal auf dem anderen Auge tragen soll, von Szene zu Szene wechselnd (lacht).

8. WESTERN

ETHAN: „True Grit“ ist ein Western, keine Frage. Es gibt Jungs mit Pistolen auf Pferden, aber es ist keine Wildweststory à la Zane Grey. Es ging uns nicht darum, einen Western zu drehen, sondern den Roman zu verfilmen. JOEL: Als Kinder haben wir ständig Western im Fernsehen gesehen. ETHAN: Aber wir waren keine Westernfetischisten. Unser Freund, der Musikproduzent T Bone Burnett, hat ein Foto, auf dem er als Siebenjähriger in Fort Worth, Texas, mit Cowboyhut und Spielzeugpistolen posiert. So waren wir nicht. Vielleicht ist das der Unterschied zwischen Fort Worth und Minneapolis. JOEL: Du hattest eine Holzfällerjacke. ETHAN: Ja, und wir trugen diese karierten Hemden.

9. PFERDE

ETHAN: Ich war noch nie auf einem Pferd, kein einziges Mal. Wenn wir je hätten reiten wollen, wäre das die beste Gelegenheit gewesen. JOEL: Uns war etwas bange vor den Pferden. Zum Glück hatten wir einige der besten Pferdetrainer. Sie brachten die Tiere dazu, ihr Äußerstes zu geben, mehr, als es uns manchmal mit Schauspielern gelingt. Für Stunts mit Pferden gibt es – aus gutem Grund! – viel striktere Auflagen als zur Zeit unserer Kindheit. ETHAN: Wenn ein Pferd hinfallen sollte, konnte man es vor 20 Jahren einfach zum Stolpern bringen. Heute muss man es trainieren, bis es von selber hinfallen will. JOEL: Es ist auch festgelegt, wie nahe ein Fahrzeug, also zum Beispiel ein Kamerawagen, einem Pferd kommen darf. ETHAN: Alles aus gutem Grund, aber manches ist doch etwas übertrieben. Im Film schwimmt ein Pferd durch den Fluss, es gibt eine vorgeschriebene Wassertemperatur! JOEL: Pferde werden beschützt, aber die Gewerkschaft sagt nichts dazu, wenn man eine 13-Jährige in eiskaltes Wasser wirft!

10. OSCAR FÜR „NO COUNTRY …“

JOEL: Für uns war es vor allem ein verrückter Abend. Jeder sollte das einmal erleben. ETHAN: Ist schon nett, zu der Party eingeladen zu sein.

11. DER COEN-FAKTOR

ETHAN: Wir haben einen Horror vor sentimentalen Filmschlüssen. Die Leute sollen mit einem guten Gefühl aus dem Kino gehen, aber nach der Devise: Seht, wie schrecklich die Menschen sind, ist das Leben nicht wunderbar? JOEL: Ich glaube nicht, dass wir je einen Film über den Triumph des menschlichen Geistes drehen.

Die Zitate zu Mattie, Jeff Bridges, den Westernerinnerungen und den Pferden am Set stammen aus der NPR-Radiosendung „Fresh Air“: 12. Januar, Interview: Terry Gross. Weitere Quellen: Podiumsdiskussion in der britischen Filmakademie (www.bafta.org); Tagesspiegel, „L. A. Times“, „New York Times“, „Newsweek“, www.cinemablend.com, www.gointothestory.com, www.deadline.com. Zusammenstellung: chp

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