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Karteikarte aus der Sammlung Amerikanische Ethnologie mit Kommentaren von Studierenden.

© Staatliche Museen zu Berlin

Ethnologische Sammlung im Humboldt-Forum: Was uns die Schätze fremder Kulturen erzählen

Experimente sind erwünscht: Wie sich die Ethnologischen Sammlungen mit dem Humboldt-Lab auf den Umzug ins Berliner Stadtschloss vorbereiten.

Vier Jahre lang haben das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst herumexperimentiert, wie sie ihre Objekte im Humboldt-Forum präsentieren wollen, das im rekonstruierten Berliner Schloss seine Heimat finden soll. Von der Kulturstiftung des Bundes gab es 4,1 Millionen Euro, nun läuft das Projekt zum Jahresende aus. In kleinen Ausstellungen, den sogenannten Probebühnen, wurden die Experimente in Dahlem präsentiert, die letzte, siebte Probebühne läuft gerade.

Der Anspruch an das Humboldt-Forum ist hoch. Auf der Höhe der Zeit soll es sein, multiperspektivisch auf die Weltkulturen und ihre Beziehungen untereinander blicken. Wie lassen sich die Schätze für uns fremder Kulturen erklären, was können sie erzählen, wenn sie nicht nur als reine Kunstobjekte in der Vitrine ausgestellt werden sollen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, haben die Wissenschaftler und Kuratoren der beiden außereuropäischen Sammlungen ihre Türen weit geöffnet für internationale Künstler, Designer, Szenografen und Filmemacher. Sie alle durften sich, in engem Austausch mit den Fachleuten, in diesem Labor austoben. „Lockerungsübungen“, nannte Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums, das Laborprojekt zu Beginn. Gleichzeitig waren die Künstler auch Hoffnungsträger. Sie sollten frischen Wind bringen.

Zwei Dutzend Projekte aus dem Humboldt-Lab ziehen ins Berliner Schloss

Am Anfang war der Wind sehr frisch. Da beleuchtete der Künstler Theo Eshetu die polynesischen Boote mit einer Diskokugel. Es ging um spielerische Inszenierung und Verführung. Von Probebühne zu Probebühne näherte man sich immer mehr den ethnologischen Fragestellungen, fanden Inszenierung und Inhalt die Waage. Dadurch wurden die Vorschläge didaktischer, konventioneller – aber auch nachvollziehbarer für die Besucher.

Rund zwei Dutzend Projekte aus dem Humboldt-Lab sollen laut der aktuellen Entwürfe ins Berliner Schloss ziehen. Die beiden Museen haben 17 000 Quadratmeter im zweiten und dritten Stock zur Verfügung und wollen dort ihre Sammlungen in sogenannten Ausstellungsmodulen präsentieren, quasi in geografisch gefassten Themeninseln. Das Humboldt-Lab konnte und wollte nie die Gesamtplanung dazu leisten. Außerdem zeichnet sich ab, dass die Arbeiten zeitgenössischer Künstler mit den Objekten der beiden Museen in Extraräumen gezeigt werden und nicht integriert in die Sammlungspräsentationen. Das Museum für Asiatische Kunst hat dafür etwa 150 bis 200 Quadratmeter vorgesehen.

Kunstkuratorin Angela Rosenberg plädiert für aktuelle Perspektiven

Direktor Klaas Ruitenbeeck ist kein Fan von zeitgenössischer Kunst. „Brauchen wir sie in einer historischen Sammlung? Ich glaube nicht“, erklärt er im Rahmen eines internationalen Symposiums, zu dem die beiden außereuropäischen Sammlungen zum Abschluss des Lab-Projekts nach Dahlem geladen hatten. Ruitenbeeck ist überzeugt von der Strahlkraft seiner Ausstellungsobjekte und findet die Vermischung mit aktuellen Positionen eher irritierend als erhellend. Und Paola Ivanov, Ethnologin und Kuratorin der Sammlung Afrika am Ethnologischen Museum, fragt provokant, ob man nicht riskiert, die Objekte zum Verschwinden zu bringen, wenn man Künstler mit ihnen arbeiten lässt.

Dafür plädiert die Kunstkuratorin Angela Rosenberg leidenschaftlich für aktuelle Perspektiven. Da prallen auch nach vier Jahren Humboldt-Lab Welten aufeinander. Aber es sind ja auch noch weitere vier Jahre bis zum Umzug ins Schloss, und mittlerweile gibt es eine Gründungsintendanz mit Neil MacGregor, bis Jahresende Direktor des British Museum in London, Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp.

Parzinger freut sich über die "Freiheit des Denkens"

Ob Martin Heller, Projektleiter des Labors, weiterhin an der Gestaltung des Humboldt-Forums beteiligt sein wird, entscheidet sich nach dem Sommer. Sein Vertrag läuft mit dem Abschluss der Lab-Reihe aus. Hellers Ankündigungen zum Start des Labs klangen avantgardistischer und mutiger, als sich die Ergebnisse nun zeigen. Parzinger freut sich in seiner Bilanz dennoch über die „Freiheit des Denkens“. Die Projekte thematisierten im Lauf der vier Jahre immer mehr die teils problematische Sammlungsgeschichte und die Umstände, unter denen einzelne Objekte einst nach Berlin kamen. So wurde mit Communities der Herkunftsländer und Vertretern indigener Völker diskutiert. Im Rahmen des Projekts „Wissen teilen“, das ebenfalls ins Humboldt-Forum zieht, wurde ein enger Austausch mit der Universidad Nacional Experimental del Tauca in Venezuela und seinen indigenen Studenten vereinbart.

Scheitern war erlaubt beim Humboldt-Lab und hat im besten Fall etwas Neues entstehen lassen. Wie beim chinesischen Kaiserthron aus dem 17. Jahrhundert, einem der größten Schätze des Museums für Asiatische Kunst, der im Humboldt-Forum einen prominenten Platz bekommen soll. Der chinesische Künstler Zhao Zhao schlug vor, den Thron mit rotem Wachs zu übergießen. Ein undurchführbarer Plan. Stattdessen wurde nun der chinesische Pitzker-Preisträger Wang Shu mit der Raumgestaltung beauftragt.

Museen Dahlem, Abschlussausstellung „Prinzip Labor“, bis 18. Oktober, Di–Fr 10–17 Uhr, Sa–So 11–18 Uhr.

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