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Adam Yauch von den Beastie Boys ist tot: Ewiges Recht auf Party

Zum Tod von Adam Yauch. Ein Nachruf.

Schon als die Beastie Boys vor ein paar Wochen in die „Rock’n’Roll Hall of Fame“ aufgenommen wurden, nach Grandmaster Flash und Run DMC als dritte Rap- und Hip-Hop-Formation überhaupt, erschienen sie zu den Feierlichkeiten nur zu zweit. Adam Yauch, Bassist des Trios, seit der Gründung der Band Anfang der achtziger Jahre unter dem Künstlernamen MCA bekannt, kämpfte da bereits mit dem Tod – aufgrund eines Ohrspeicheldrüsentumors, der 2009 diagnostiziert wurde. Nun ist Yauch am Freitag in New York im Alter von 47 Jahren seinem Leiden erlegen. Obwohl Yauch vor drei Jahren zuversichtlich war, seine Erkrankung besiegen zu können, wiesen doch alle Aktivitäten der Band auf eine Karriererundung hin. Auf, wenn man so will, das Ende eines popkulturellen Erziehungsromans, den die heute 40- bis 50Jährigen mehrfach gelesen haben. Adam Yauch drehte einen halbstündigen Film mit dem Titel „Fight For Your Right To Party (Revisited)“, in dem er und seine beiden Beastie-Boys-Kumpels Adam Horovitz und Mike Diamond von den Schauspielern Danny McBride, Elijah Wood und Seth Rogen gespielt wurden, ein Film, der eine selbstironische Referenz an ihre New Yorker Homeboy-Existenz und einer ihrer größten Hits ist. Und auch das mehrfach verschobene und 2011 schließlich veröffentlichte Album „Hot Sauce Committee Pt. 2“ hatte etwas von einer Beastie-Boys-Geschichtsstunde: typisch hibbeliger, krachiger Hip-Hop mit kreischigen, kaum zu verstehenden Vocals, mit Rock- und Funk-Elementen und hie und da einer Prise Dub und Reggae.

Erstaunlich an diesem Album ist, dass es nicht nur frisch klingt, sondern man auch beim Hören problemlos die verschiedenen Phasen der Band an sich vorbeiziehen lassen kann. Da schimmert schön das Großmäulig-budweiserselig-sexistisch-Pubertierende ihrer Anfangszeit durch, als die Beastie Boys als weiße Bengels aus guten, jüdischen Elternhäusern in die schwarze Musikdomäne Rap und Hip-Hop einbrachen und mit „Licensed To Ill“ ein bahnbrechendes, dann millionenfach verkauftes Album produzierten. Da klingt aber auch das Coole, Hipstermäßige durch, das die Band in Folge auszeichnete, ihr Spiel mit popkulturellen Zeichen: vom „Super Disco Breaking“, ein Stück ihres Albums „Hello Nasty“ über die Sixties-Eier-Orgel in „Intergalactic“, (ebenfalls „Hello Nasty“), Morricone-Italo-Western-Zitate und Stone-Roses-Witzchen bis hin zu der Seventies-Ästhetik ihres „Sabotage“-Videos.

Adam Yauch wiederum war es, der die Beastie Boys in ihren reiferen Jahren in eine politische Spur brachte, als er sich nach einem Nervenzusammenbruch dem Buddhismus zuwandte, den Dalai Lama entdeckte und sich für ein freies Tibet engagierte. Er gründete eine Organisation, die sich, wie es damals hieß, „für die Förderung des universellen Mitgefühls im Sinn des Dalai Lama und Martin Luther King einsetzt“. Und er initiierte mehrere „Free Tibet“-Konzerte, auf denen Bands und Künstler wie Blur, Pearl Jam, Lee Perry, Björk oder Michael Stipe auftraten. „In ihren Umgangsformen sind die Tibeter eine der höchst entwickelten Gesellschaften dieses Planeten“, stellte Yauch fest. Pop und Politik, cooles Wissen und Familienleben, würdevolles Altern: Die Beastie Boys vereinigten das alles. Auch ihr 2004 veröffentlichtes Album „To The 5 Burroughs“ ließ sich als Hymne auf ihre Heimatstadt genauso hören wie als Anti-George-Bush-Kommentar. Dass in den nuller Jahren musikalisch keine Neuerungen mehr zu erwarten waren, verstand sich. Trotzdem erinnert selbst das gesamte Spätwerk schön daran, dass die Beastie Boys als eine der ersten Bands exzessiv dem Prinzip „Alles hineinwerfen“ huldigten – und damit den Pop-Produktionsmix mit erfanden, der heute gang und gäbe ist. Dass sie damit in der Rockruhmeshalle landeten, ist nur folgerichtig. Tragisch nur, dass diese Ehrung mit dem Tod Yauchs – und dem Ende der Band – zusammenfällt. Gerrit Bartels

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