zum Hauptinhalt
wissenschaftliche Koordinatorin Andrea Baresel-Brand

© Britta Pedersen/dpa

Fall Gurlitt: Der Nachfolger macht Tempo

Rund Dreiviertel der Werke der Sammlung Gurlitt sind nun überprüft, das Ergebnis ist eindeutig: 91 Bilder sind eindeutig Raubkunst, wie das Projekt "Provenienzrecherche Gurlitt" herausfand.

Fast hundert Bilder aus der umstrittenen Sammlung von Cornelius Gurlitt haben Experten mehr oder weniger sicher als Raubkunst identifiziert. Dazu gehören Werke von Henri de Toulouse-Lautrec, Max Liebermann, Edvard Munch und eine Rembrandt-Grafik. Die Forscher des Projektes „Provenienzrecherche Gurlitt“ hatten in einem halben Jahr mehr als 500 Werke aus der umstrittenen Sammlung untersucht – und in 91 Fällen einen Raubkunst-Verdacht erhärtet. Damit vervielfachten sie das Tempo ihrer Vorgängereinrichtung, der Taskforce „Schwabinger Kunstfund“, die binnen eines Jahres nur elf Fälle lückenlos klären konnte. Bei lediglich fünf Werken hatte sie dabei eindeutig NS-Unrecht nachgewiesen. Damit wären bislang insgesamt 96 Bilder der Sammlung als mutmaßliche oder tatsächliche Raubkunst eingeordnet.

Das Projekt „Provenienzrecherche Gurlitt“ hat damit seine Aufgaben fast erfüllt. Von der „Taskforce“ hatte es zum Jahreswechsel 680 Werke zur Überprüfung übernommen, über Dreiviertel sind nun überprüft.

„Wir sind unserem Ziel, den Fall Gurlitt zügig und transparent aufzuarbeiten einen guten Schritt näher gekommen“, sagte Uwe M. Schneede, Vorstand des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste. Das Zentrum ist Träger des Projekts.

Knapp 1280 Kunstwerke wurden 2012 in Gurlitts Wohnung gefunden

Der spektakuläre Kunstfund in Gurlitts Schwabinger Wohnung hatte 2013 weltweites Aufsehen erregt und eine Debatte um den Umgang mit von den Nationalsozialisten geraubten Kunstwerken in Deutschland entfacht. Damals wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft schon 2012 rund 1280 Kunstwerke in Gurlitts Münchner Wohnung beschlagnahmt hatte. Zwei Jahre später tauchten weitere 238 Gemälde in seinem verwahrlosten Haus in Salzburg auf. Bei Hunderten davon bestand Verdacht auf Nazi-Raubkunst. Gurlitt war am 6. Mai 2014 in seiner Schwabinger Wohnung gestorben.

Seine millionenschwere Sammlung vermachte er dem Kunstmuseum Bern, das bis zum heutigen Tag allerdings noch kein einziges Bild bekommen hat. Grund dafür ist ein langwieriger Rechtsstreit, den Gurlitts Cousine Uta Werner angestrengt hat und der inzwischen beim Oberlandesgericht München liegt. Werner erhebt selbst Anspruch auf das Erbe und zweifelt an, dass Gurlitt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, als er sein Testament verfasste. (dpa /Tsp)

Zur Startseite