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Kultur: Falsche Bärte

Eran Schaerf erhält den Käthe-Kollwitz-Preis.

Nachrichtenfotos sind dazu da, Ereignisse zu dokumentieren. Doch sobald sie veröffentlicht sind, werden sie mit Bedeutungen aufgeladen und instrumentalisiert. Die Zwecke können sich ändern. Für diese Verschiebungen interessiert sich der in Israel geborene und seit 1985 in Berlin lebende Künstler Eran Schaerf und umkreist sie immer wieder in seinen Video- und Audio-Installationen. Für diese „rare künstlerische Position“, wie es die Jury formulierte, ist Schaerf am gestrigen Freitagabend mit dem Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste geehrt worden. Die Auszeichnung ist mit 12 000 Euro dotiert und schließt eine Ausstellung mit ein. Dafür hat der 1962 geborene Künstler und Venedig-Biennale-Teilnehmer unter anderem das Hörstück „Panorama“ geschaffen. Ausgangspunkt waren fünf Fotos, die er im Internet fand. Der Text ist eine Montage aus Bildunterschriften und Kommentaren. So hangelt sich Schaerf von der Nachricht, dass ein Gericht in Dubai eine Ehe annulliert habe, weil der Mann erst nach der Heirat den Damenbart der Gattin unter der Verschleierung entdeckte, zu Schlagzeilen über die französische Feministinnen-Gruppe La Barbe, die bei ihren Aktionen angeklebte Bärte trägt, zu einem Sohn, der sich als seine eigene tote Mutter verkleidete, um weiterhin deren Sozialbezüge zu kassieren. Daraus entsteht eine soghafte Erzählung. Die Struktur erinnert an das Herumsurfen von Link zu Link. Dabei bleibt Eran Schaerf ganz analog: Neben dem kleinen Lautsprecher baumeln von der Decke Plüschbärte, Fotos und Masken wie Requisiten zu einem Theaterstück über das Verkleiden (Akademie der Künste, Hanseatenweg 10., bis 3.11., Di-So 11-19 Uhr). Anna Pataczek

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