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Kultur: Fanta 4

Diese Woche auf Platz 4 mit „Viel“

Manchem 12-Jährigen mag es heute erscheinen, als hätte es nie eine Welt ohne Hiphop deutscher Zunge gegeben. Aber bis 1992 war das keineswegs selbstverständlich. Bis diese spillerigen Jungs aus den Stuttgarter Vorstädten zum ersten Mal mit „Die da“ bei Dieter Thomas Heck über die Mattscheibe zappelten. Aus den Teenie-Stars wurden respektierte Musiker, die bald auch geschäftlich auf eigenen Füßen standen. Als sie in den Augen ihrer Plattenfirma zu einer „mittelschweren Experimental-Band“ wurden, machten sie ihren eigenen Laden auf. Heute darf die alte Plattenfirma die Platten der Fantastischen Vier gerade noch ausliefern. Ansonsten machen die Herren ihr Ding und fördern nach Kräften den musikalischen Nachwuchs. Etablierte Geschäftsleute.

Als solche begegnen sie, wie viele Menschen jenseits der Dreißig, wieder einem Problem, das sie glaubten, hinter sich zu haben: Man ist auf dem Weg in einen Club, bester Laune, alle anderen sind schon da, man kommt an die Tür. Natürlich wollen sie an der Schlange vorbei. Sie stellen sich brav vor: Michi Beck, Thomas D. „Kenn’ isch net“, sagt der Türsteher. Als wäre das noch nicht demütigend genug, ertragen die Vier dann auch noch die Pöbeleien von Sabrina Setlur und bringen sich dann im Folgenden als gewesene Popstars in Erinnerung – „Ich bin der Kleine von den beiden bei ,Die da‘“.

Ist der Alltag für Popstars um die Lebensmitte wirklich so traurig? Jedenfalls nicht bei den Fantastischen Vier, die mit diesem Mini-Hörpiel ihr erstes Studio-Album seit ganzen fünf Jahren eröffnen. Und das ist eine satte Lektion in Selbstironie. Schon das Cover lässt die Mein-Haus-mein-Pool-meine-FrauPose als Leitmotiv erkennen. Heute gibt Thomas D sogar mit dem Erzrivalen Moses P. gemeinsam Interviews im „Playboy“, Man trägt Anzüge, raucht auch mal Zigarren. Aber dabei fallen die Fantastischen Vier natürlich permanent aus dem Visitenkartentausch-Geplauder heraus. Sie wollen nicht „Tränen zählen im Rinnsaal des Lebens“. Sie lassen es mit gut abgehangenem Sarkasmus weiter krachen. Wortsport hält auch jung.

Ralph Geisenhanslüke

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