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Kultur: Farbklangräume: Monteverdis Marienvesper

Wen die Frage beschäftigt haben sollte, aus welchem Grund René Jacobs in seinem geplanten, nun aber aus Spargründen leider sehr in Frage gestellten Monteverdi-Zyklus in der Staatsoper auch die Marienvesper auf die Bühne bringen will, der bekam durch die Aufführung des Philharmonischen Chores Berlin eine klare Antwort. Denn da wurde allenthalben deutlich, in welch anschaulicher Text- und Klangdifferenzierung Claudio Monteverdi in der Marienvesper von 1610 zu Werke gegangen ist.

Wen die Frage beschäftigt haben sollte, aus welchem Grund René Jacobs in seinem geplanten, nun aber aus Spargründen leider sehr in Frage gestellten Monteverdi-Zyklus in der Staatsoper auch die Marienvesper auf die Bühne bringen will, der bekam durch die Aufführung des Philharmonischen Chores Berlin eine klare Antwort. Denn da wurde allenthalben deutlich, in welch anschaulicher Text- und Klangdifferenzierung Claudio Monteverdi in der Marienvesper von 1610 zu Werke gegangen ist. Da kommen so manche szenischen Ausdruckszüge, so manche sinnenhaft leuchtenden Klangfarben und atmosphärisch schönen Bilder zum Tragen, die Monteverdi in seinem drei Jahre zuvor entstandenen "Orfeo" erprobt hat. Sie drängen förmlich nach einer theatralischen Umsetzung.

Die dem Werk eigene, nämlich ganz eigentümliche Verflechtung von fröhlicher Religiosität und theatralischer Sinnlichkeit trat dann auch in der von Ulrike Grosch mit subtiler gestischer Prägnanz dirigierten Aufführung in der Philharmonie zu Tage. Die viel gefragte Assistentin von Uwe Gronostay tendierte nie zu einer forcierten Spielweise, sondern stets zu einer flexiblen klangpoetischen Beseelung und Belebung der Partitur. Die einkomponierten Raumklangwirkungen und klangfarblichen Reize ging sie dezent, mitunter sogar zu dezent an, so dass Monteverdis umfassendes Ausdruckspotential nicht ganz bis zur Neige ausgeschöpft schien. Der große Chor deklamierte locker und geschmeidig. Bewegt und bildkräftig brachte er die Sätze mit den diffizilen rhythmischen und ornamentalen Formen zu Gehör. Sicherlich dürften in einem Raum wie in Venedigs San Marco die vielfältigen Klangkombinationen, die kühnen wie klangprächtigen Doppelchöre, überhaupt das antiphonale Musizieren zu einer noch weiträumigeren Stufung und Weite kommen und damit zu einer charakteristischeren Klangwirkung als in der Philharmonie. Ihre Akustik wirkt - in diesem Fall - ein wenig zu trocken.

Ulrike Grosch setzte nicht zuletzt, und das gab ihrer Interpretation eine eigene Note, auf eine besondere Variabilität des Leisen und Eloquenten, wie etwa beim "Duo Seraphim". Dem zuvor in einem hauchzarten Tonfall musizierten "Nigra sum" stand in rhetorisch unaufdringlichem Kontrast das "Laudate pueri" gegenüber. Souverän trat mit feinschattierten Farbklängen das Concerto Brandenburg in Aktion. Die vokalen Glanzpunkte setzte das ausgezeichnet aufeinander abgestimmte siebenköpfige Solistenensemble. Dessen hellhörige Expressivität und Verzierungskunst war ein Vergnügen für sich.

Eckart Schwinger

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