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Kultur: Feinste englische Art

In seiner kompositorischen Aussparung und gedankentiefen Haltung stellt das Oratorium "Jephta" der Händelschen Weisheit letzten Schluß dar.Daß Händel über dieser Arbeit erblindete, verleiht dem Stück einen tragischen Unterton.

In seiner kompositorischen Aussparung und gedankentiefen Haltung stellt das Oratorium "Jephta" der Händelschen Weisheit letzten Schluß dar.Daß Händel über dieser Arbeit erblindete, verleiht dem Stück einen tragischen Unterton.Mit seinen "himmlischen Längen" berührt uns der "Jephta" heute aber vor allem aufgrund des weit über die Zeit hinausweisenden Blicks, durch das kühne Ergründen neuer Ausdrucksfelder.Gerade diesen Zukunftsaspekt, die fast schon mozartische Transparenz des Händelschen "Jephta" brachten der RIAS-Kammerchor, die Akademie für Alte Musik und die exquisiten Solisten unter Marcus Creed in der Philharmonie aufs schönste zur Geltung.

Da war zu spüren, daß Creed schon vor Jahren mit diesem Chor und Orchester den "Jephta" erarbeitet und eingespielt hat - so wundervoll ausbalanciert und expressiv verdichtet wurde er dargeboten.Und dabei fehlte es bei aller klangpsychologischen Ausleuchtung und delikaten Akzentuierung der Aufführung in keinem Augenblick an überspringender Unmittelbarkeit.Da förderten der leicht musizierende und zugleich bestechend prägnant deklamierende RIAS-Kammerchor sowie die auch rhetorisch brillante Akademie für alte Musik eine ungemein lebendige Ausdrucksvielfalt zutage.Das, was Marcus Creed machte, war musikalisch von feinster englischer Art.Selbst kleine theatralische Effekte sparte er sich bei den Schreckensbildern, bei den Kriegs- und Siegeschören.Orientiert an der inneren Größe der Händelschen Musik war nicht zuletzt die Partie des Jephta, der im Falle des Sieges gegenüber den Ammonitern gelobt hat, den, der ihm zuerst an der Tür seines Hause entgegenkommt, Gott zu opfern.Auch bei den anrührenden Arien von Jephtas Tochter Iphis oder bei den elementaren Chören wurden die Farb- und Ausdruckswunder delikat aufgefächert.Der leichte Musizierstil beeindruckte auch seitens der musikalisch individuell veranlagten, außerordentlich stilvoll, sensibel und farbintensiv singenden Solisten Benjamin Butterfield (Jephta), Nathan Berg (Zebul), Catherine Wyn-Rogers (Storge), Deborah York (Iphis), Daniel Taylor (Hamor) und Natalie Christie (Engel).Wobei der traumhaft locker singende, bildschön phrasierende Countertenor Taylor mehr für sich einnahm als der zwar geschmeidige, aber in der Tiefe nicht ganz überzeugende Tenor Butterfield.Insgesamt ein Händel der Spitzenklasse.

ECKART SCHWINGER

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