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Kultur: Feuer über Liebeswogen Kirill Petrenko

an der Komischen Oper

Wenn ein Dirigent bei Ludwig van Beethovens Sechster, der Pastorale, vor allem im „Gewitter“ des vierten Satzes punkten kann, dann ist er entweder sehr jung oder sein Weg zur Wiener Klassik noch ein eher unbeschrittener. Auf Kirill Petrenko, den 38-jährigen Ex-Musikchef der Komischen Oper, der nun für ein Sinfoniekonzert in seiner alten künstlerischen Heimstatt vorbeischaute und von Orchester und Publikum geradezu auf Liebeswogen durch den Saal getragen wurde, trifft wohl beides zu.

Mit großer geschmeidiger Gestik, konzentriert bis in die letzte Nerven- und Muskelfaser präsentiert sich der Russe aus Omsk am Pult, animiert, fordert, befeuert, glättet – und bleibt die letzte innere Glut doch schuldig. Keine Haydnsche Hysterie wie einst bei Carlos Kleiber, kein klassisches Ebenholz wie jüngst bei Christian Thielemann. Im „Gewitter“ aber lässt Petrenko Höllenpforten gähnen, lange noch grummeln die Bässe, bis der „Hirtengesang“ des Finales mit herrlichen harmonischen Orgasmen versöhnt.

Alexander Scrjabins „Poème du feu“ (1911) nach der Pause weitet den Begriff der „Programmmusik“ auf ganz andere, synästhetische Weise. Neben Chor, Schlagwerk und Solo-Klavier verlangt die Partitur das berühmte „Farben-Klavier“: Je nach Tonart werden einzelne Farbtöne projiziert, Hören als Sehen, C-Dur in Rot, E-Dur in Himmelblau. Die Modulationen erinnern zwar ein bisschen an Batik-Tapeten (Licht: Franck Evin), dem Pathos dieses musikalischen Prometheus-Mythos aber, das auch das Orchester engagiert auskostet, tut das keinen Abbruch. Freudiger Jubel. Christine Lemke-Matwey

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