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Die Kondolenzbesucher Tony Stone (Woody Harrelson) und Will Montgomery (Ben Foster) müssen den Angehörigen der gefallenen Soldaten die traurige Botschaft bringen.

© ddp

Film: Das Verteidigungsministerium bedauert zutiefst

Oren Moverman schafft einen sensiblen Irakkriegs-Film. In „The Messenger“ zeigt der Regisseur die Offiziere, die den Angehörigen gefallener Soldaten die Todesnachricht bringen.

Niemand mag den Boten, der die schlechte Nachricht überbringt. Die Offiziere Tony Stone (Woody Harrelson) und Will Montgomery (Ben Foster) haben die undankbare Aufgabe, die Angehörigen gefallener Soldaten zu informieren. Sie fahren zur Haustür, klingeln und sagen ihr Sprüchlein auf: Der Verteidigungsminister bedauert zutiefst, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Sohn/Ihre Tochter im Dienst gefallen ist. Außerdem: Angaben zu Ort und Zeit des Todes sowie der Hinweis, das Militär schicke bei Bedarf einen Psychologen vorbei.

Im Idealfall dauert diese Prozedur fünf Minuten. Doch der tritt so gut wie nie ein. Denn die Menschen reagieren so: Es muss ein Irrtum sein! Die Menschen reden und reden, weil sie nicht hören wollen. Die Menschen sind wütend, erleiden Nervenzusammenbrüche oder gehen auf die Todesboten los, voller Hass auf das Land, die Regierung, die ganze Welt.

„The Messenger“ ist Oren Movermans erste Regie-Arbeit. Als Drehbuchautor hat er unter anderem das Dylan-Biopic „I’m Not There“ geschrieben – und auch für „The Messenger“ bekam er 2009 auf der Berlinale den Drehbuchpreis. In Sachen Oscars musste er einem anderen Irakkriegs-Film weichen: Kathryn Bigelows „The Hurt Locker“, der actionbeladen vom grausigen Job eines Bombenentschärfers erzählt. The Messenger, ein Kriegsfilm ohne Krieg, interessiert sich für die inneren Kämpfe.

Die beiden casualty notification officers sind harte Militärs, die von der Richtigkeit des Krieges im Irak überzeugt sind. Montgomery wurde dort selber schwer verwundet und kämpft mit einem Augenleiden. Die letzten drei Monate seines Militärdiensts leistet er an der Heimatfront ab. Seine Vorgesetzten halten ihn für psychisch stark genug, die Aufgabe zu erledigen. Sein neuer Chef, Captain Tony Stone, ist ein Haudegen, der den Job seit Ewigkeiten macht, scheinbar ohne mit der Wimper zu zucken. Sein Prinzip: nicht persönlich werden, physischen Kontakt vermeiden, nicht Guten Tag sagen, denn dieser Tag hat nichts Gutes.

Montgomery und Stone sind Leidensgenossen von Kathryn Bigelows Bombenentschärfer, Opfer einer déformation professionelle: Sie haben keine Familie, keine Freundin, niemanden, der sich den Seelenmüll am Feierabend anhört. Die sogenannte Normalität ist fremd geworden, kein Halt mehr, nirgends. Trotzdem sollen die Protagonisten funktionieren. Bigelows Bombenentschärfer will wieder zurück in den Krieg – dorthin, wo Reflexe, nicht der Kopf entscheiden. Montgomery sucht einen Anker zurück ins Leben.

Er beginnt sich für eine Frau zu interessieren, die die Nachricht vom Tod ihres Mannes überraschend gefasst aufnimmt. Er beobachtet ihr Haus, tritt immer wieder scheinbar zufällig in ihr Leben. Unethisch sei das, findet Stone. Die typische Tröster-Masche. Letztlich allerdings geht es den beiden Offizieren nicht anders als den traurigen Angehörigen. Im besten Fall kriegen sie ein Sprüchlein aufgesagt. Danke für den Dienst für das Land. Sauft nicht so viel! Und sollten Sie einen Psychologen brauchen ...

Cinemaxx Potsdamer Platz, Kant-Kinos, Kulturbrauerei; OV: Babylon Kreuzberg, Hackesche Höfe und Rollberg

Karl Hafner

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