zum Hauptinhalt
Tolle Tollen. Hubertus (Ben Münchow, Mitte) mit Bandkollegen.

© Robert Többe

Film „Rockabilly Requiem“: Bellen gegen den Wackeldackel

Musikfilm plus Coming-of-Age-Drama plus Dreiecksgeschichte: "Rockabilly Requiem" von Till Müller-Edenborn.

Die Sehnsucht nach einer besser klingenden Vergangenheit gibt es nicht erst seit der Retromania der nuller Jahre. Schon in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ließen große Fanszenen den Northern Soul oder den Rockabilly wieder aufleben. Letzterer – eine ursprünglich von weißen Südstaatlern gespielte frühe Rock’n’Roll-Version – eignet sich hervorragend, um jugendliche Rebellionsfantasien auszuleben und überschüssige Energie loszuwerden.

Zwar hätte man dafür 1982 in der westdeutschen Provinz auch einfach Punk werden können, aber Hubertus (Ben Münchow) spielt eben in einer Rockabilly- Band names Rebels, trägt Lederjacke und träumt davon, der Enge seines Elternhauses zu entfliehen.

Dessen Spießigkeit illustriert Regisseur Till Müller-Edenborn in seinem Spielfilm-Debüt „Rockabilly Requiem“ mit überplakativer Akribie: Immer wieder weidet sich die Kamera an der Spießigkeit der Wohnzimmereinrichtung, der hartherzige Vater ist Hobbyjäger und fährt einen polierten Mercedes – natürlich mit Wackeldackel auf der Hutablage. Hubertus’ Rockabilly-Begeisterung bleibt hingegen seltsam unkonkret. Nicht mal Vinylscheiben – ein unverzichtbarer Fetisch dieser Kultur – scheinen in seiner Welt zu existieren.

Die Jungs leiden an ihren Vätern, Debbie ist nur Deko

Diese Oberflächlichkeit ist symptomatisch für das Coming-of-Age-Drama, das in einer nicht konkretisierten norddeutschen Gegend spielt, nie zu einem Rhythmus findet und von Holperdialogen geprägt ist. Als Erzähler wird zunächst Hubertus’ Freund Sebastian (Sebastian Tiede) eingeführt, ein sensibler Vogelstimmensammler, der ebenfalls unter seinem Elternhaus zu leiden hat. Dort sind Alkohol, Drogen und Selbstbetrug das Problem.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Eine weitere Gemeinsamkeit der ungleichen Freunde ist ihre Zuneigung zu Debbie (Ruby O. Fee, bekannt aus "Als wir träumten"). Doch weil der Regisseur, der zusammen mit Jörg Bruhn auch das Drehbuch verfasst hat, sich für die Figur kaum interessiert, bleibt die Dreieckskonstellation völlig unverständlich. Debbie ist Deko und darf lediglich ein bisschen wild aussehen und konstatieren, dass sie gern beide heiraten würde. Die Jungmänner schweigen dazu und vertiefen sich in ihre Vaterkonflikte.

Weil es in „Rockabilly Requiem“ um das Thema Freiheit geht, müssen die Freunde das sicherheitshalber deutlich ansprechen. Sebastian poetisch beim Beobachten eines Vogelschwarms: „Das ist ein Leben: Seite an Seite und doch frei.“ Und Hubertus kraftvoll, während er tätowiert wird: „Ich fühl mich frei!“ Die größte Befreiung ist allerdings das Filmende nach 92 Minuten.

b-ware! Ladenkino, Union

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false