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Filmkritik: Schwestern-Schülerinnen

Kinderbuchklassiker fürs Kino: „Hanni und Nanni“

Braunes Haar, Pony, Pferdeschwanz: So sehen Hanni und Nanni Sullivan auf dem Buchcover aus. Auf der Leinwand nun sind die einst von Enid Blyton erfundenen Zwillingsschwestern blond. Macht nichts, wenn sie so überzeugend agieren wie Sophia und Jana Münster in ihren ersten Rollen. Locker kauft man den beiden ab, dass es kaum Spannenderes gibt, als seine Jugend im Internat zu verbringen.

Erstaunlich, dass sich bisher nur eine japanische Anime-Serie dieses Kinderbuch-Klassikers aus den vierziger Jahren angenommen hat. Der erste Kinofilm nun verlegt die Story nach Deutschland. Nachdem die zwölfjährigen Schwestern in einem Berliner Kaufhaus des Diebstahls beschuldigt werden, stecken die Eltern sie in die ehemalige Schule der Mutter, das Internat Lindenhof. Dort entdeckt Nanni ihr Talent fürs Cello, und Hanni erkennt in ihren Mitschülerinnen wahre Freunde. Fürs Happyend sorgt der erste Sieg des Lindenhof-Teams, Nannis Aufnahme ins Orchester und die Rettung der Schule aus allerlei Geldnöten.

„Hanni und Nanni“ dürfte die Hoffnungen der minderjährigen Zuschauer voll erfüllen. Zudem hat die Kombination aus exzentrischen Lehrern – Hannelore Elsner gibt die Direktorin mit Hang zur Esoterik –, Freundschaftsbeweisen und Humor einiges Hit-Potential. Dabei wurde die Story deutlich modernisiert. Bei der Ankunft im Internat fragt eine der Schwestern die Mutter: „Bist du etwa mit Harry Potter zur Schule gegangen?“

Schon die erste deutsche Buchübersetzung war vom Original abgewichen. Ursprünglich besuchten die Zwillinge das Internat St. Clare’s und tanzten zu Jazz vom Grammophon. In der deutschen Fassung wurde bereits der Plattenspieler für die Tanznächte herangezogen. Und im Film? Nimmt die Ko-Direktorin den Mädchen erst mal den iPod ab.

Regisseurin Christine Hartmann will laut Presseheft „Werte wie Freundschaft, Individualismus und Ehrlichkeit“ vermitteln. Immerhin: Der Blyton-Vorlage hatten Fachleute, zuletzt etwa die Kinderbuchautorin Anne Fine, die stereotype Darstellung von Gut und Böse und veralteter Geschlechterrollen vorgeworfen. Also setzt der Film – behutsam – auf Emanzipation. Etwa so: Nach Monaten hingebungsvoller Anbetung erobert eine Mitschülerin ihren Schwarm vom Nachbargymnasium. Nach dem ersten Kuss eröffnet er ihr: „Hockeyspielen passt nicht zu Mädchen. Da macht ihr euch doch nur dreckig!“ Wutentbrannt wendet sie sich von ihm ab – und schafft es noch zum ersten Sieg ihrer Mannschaft. Na dann!

In 23 Berliner Kinos

Laura Backes

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