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Kultur: Flucht in die Liebe

Im Kino: Alix Delaportes „Angèle und Tony“

Fast wäre „Angèle und Tony“ ein schöner Liebesfilm geworden. Eine jener Kinogeschichten, die einem zwar bekannt vorkommen, die man aber trotzdem gern schaut. In solchen Filmen finden zwei Menschen zusammen, die nicht für die Liebe und schon gar nicht füreinander gemacht scheinen, und das am besten vor einer landschaftlich reizvollen Kulisse. In „Angèle und Tony“ ist das die raue Küste der Normandie. Dort sucht Angèle (Clotilde Hesme), gerade aus dem Gefängnis entlassen, per Kontaktanzeige einen Mann. Sie trifft Tony (Grégory Gadebois), und obwohl ihre Zähne zu ebenmäßig und ihre Grübchen zu tief sind für den Umfang seines Bauches, zieht sie zu ihm ins Fischerdorf. Dort läuft sie dann langbeinig herum, während er sich fragt, was sie bloß von ihm will.

Ja, was will sie bloß von ihm? Gerne gilt im Kino: Je weniger zwei Menschen zusammenpassen, desto furioser das Happy End; „Harold und Maude“ (Teenager und Seniorin) und „Susi und Strolch“ (feine Hundedame und unfeiner Streuner) haben es vorgemacht. Allerdings muss das Drehbuch dann zumindest den Hauch einer Begründung liefern, warum die zwei, die sich da verlieben sollen, nicht gleich die Flucht voreinander ergreifen. In einem der bekanntesten Liebesfilme überhaupt, Frank Capras „It Happened One Night“ (1934), schlägt sich das ungleiche Paar per Anhalter durch und kommt sich so näher.

In „Angèle und Tony“ hat Autorin und Regisseurin Alix Delaporte ihrer weiblichen Hauptfigur einen Sohn erfunden, der bei den Ex-Schwiegereltern lebt. Angèle will ihn unbedingt zurückhaben, und da der Bewährungshelfer ihr gesagt hat, dass sie nur verheiratet eine Chance im Sorgerechtsstreit habe, ist sie fest entschlossen, Tony für sich zu gewinnen.

Besonders gut scheint sich Delaporte nicht auszukennen im Familienrecht. Die Frage, ob eine Mutter einen neuen Partner hat, ist kaum ein Kriterium für Richter. Leider aber fesselt dieses Vehikel für die Liebesgeschichte stärker als die Liebesgeschichte selbst – der Sorgerechtsstreit birgt viel Drama, zumal Angèle den Tod des Kindsvaters verschuldet haben soll. Doch über all das huscht die französische Regisseurin hinweg. Ihr liegen stimmungsvolle Bilder vom zerzausten Meer und ebenso zerzausten Liebenden mehr am Herzen. Verena Friederike Hasel

FaF, Filmkunst 66, Kulturbrauerei, Passage; OmU im Babylon Kreuzberg, Central und Cinema Paris (OmU)

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