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Futuristin. Julia E Dyck ist eine der Künstlerinnen, die ihre Idee in der nächsten Runde des Forecast Forums weiterentwickeln darf.

© Bobby León

Forecast Forum im HKW: Zukunftskunst

Die Kunst von morgen: Das Forecast Forum im Haus der Kulturen ergründet schwierige Fragen über die Beziehung von Mensch und Maschine.

Wie fühlt sich ein Übersetzer, der beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag die schlimmsten im Yugoslawienkrieg verübten Gräueltaten in Sprache fassen muss? Die niederländische Filmemacherin Eliane Esther Bots hat Übersetzerinnen interviewt, ließ sie ihre Emotionen schildern, ihre Arbeitsumgebung nachzeichnen. Und obwohl es nicht mehr als Skizzen waren, die sie im Haus der Kulturen der Welt am vergangenen Wochenende präsentierte, hallt das Erzählte lange nach. Die Stimme hörbar, aber sonst unsichtbar, beschreibt einer der Übersetzer seinen Zustand. Äußerlich kontrolliert, innerlich verzweifelt. Wie eine Maschine mit Gefühlen.

Was ist Sprache, im Zeitalter des Anthropozän, in dem Menschen nicht nur untereinander sondern mit intelligenten Maschinen und Objekten interagieren? Welche Sprache teilen wir? Wie reden wir über Themen, die zu komplex sind, um sie zu verstehen? Um diese Fragen kreisen etliche der Künstler, Soundartisten und Designer die beim Forecast Festival Ideen zu den Rubriken „Moving Image“, „Invasives Design“ oder „Living Matter“ präsentierten. Es geht dabei um die Kunst von morgen, um Fragen, auf die wir bisher kaum Antworten haben.

Präsentiert wird Work-in-Progress

Aus 390 Einreichungen wurden 18 Beiträge ausgewählt. Verantwortlich dafür waren namhaften Mentoren wie der Berliner Videokünstler Omer Fast, der britische Kurator David Elliot oder die aus Rio de Janeiro stammende Künstlerin Laura Lima. Dass bei Forecast keine fertigen Kunstwerke präsentiert werden, sondern Ideen, mit offenen Fragen und toten Enden erfordert Offenheit, sowohl von den Veranstaltern rund um Kurator Freo Mayer als auch vom Publikum. Wie wenig selbstverständlich Räume sind, die sich dem Unvorhersehbaren stellen, unterstreicht Omer Fast in seiner Präsentation. Bei einer Ausstellung, die Fast in China hatte, wurden seine Filme ohne sein Wissen zensiert – das Kunst-Fachpublikum bekam die Originalversion zu sehen, die breite Öffentlichkeit eine andere – die Geister, die im Originalfilm eine Rolle spielen, kamen darin nicht vor.

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Dabei gehören Nicht-Wissen und Nicht-Verstehen in unserer globalisierten Welt zunehmend zum Normalzustand. Ausgehend von Anti-Faschismus-Demonstrationen weltweit, schlägt der in Indien beheimatete Kurator Abhijan Toto vor, körperliche Erschöpfung neu zu bewerten. „Erschöpft ist sehr viel mehr als Müde“, zitiert er Deleuze. Toto stellt Choreografien von vier Künstlern vor, in deren Arbeit er einen produktiven Umgang mit Erschöpfung zu erkennen glaubt. In einer tollen Drei-Kanal-Installation von Padmini Chettur werden etwa Bewegungsmuster aus dem thailändischen Bharatantyam-Tanz, aus Martial Arts und Yoga reinterpretiert und zu einem neuen Vokabular zusammengefügt.

Museumsobjekte gehen auf Reise

Neben spannenden Radioprojekten – etwa einem von Radioee.net vorgeschlagenen Live-Format mit der internetbasierten Google-Sprachassistentin „Alexa“ als Gesprächspartnerin, gab es Vorschläge für die Museumsarbeit der Zukunft. Die Künstler berichteten davon, Objekte aus den Depots der großen Berliner Museen „befreien und neu aktivieren“ zu wollen. Was ungenau klingt, enthält interessante Ansätze. So gab die Gruppe „Inside Out“ ein Ausstellungsobjekt aus dem Bröhan-Museum für einen Tag „zur Pflege“ in eine Familie. Auch bei der Reinterpretation von Ausstellungsobjekten aus ehemaligen Kolonien, könnte das interessant sein. Sechs Ideen werden nun für die nächste Runde von Forecast weiterentwickelt.

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